Papier von Familienministerin Lisa Paus: Eckpunkte für Kindergrundsicherung

Familienministerin Paus hat Pläne für eines ihrer zentralen Projekte vorgelegt. Die Grundsicherung soll Leistungen bündeln und mehr Familien helfen.

Portrait der Familienministerin Paus

Familienministerin Lisa Paus von den Grünen Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Es ist eines der zentralen sozialpolitischen Vorhaben der Ampelregierung: Die Kindergrundsicherung. Nach fast einjähriger Vorarbeit hat das Bundesfamilienministerium von Ministerin Lisa Paus nun erste Eckpunkte vorgelegt und am Mittwoch an die beteiligten Ministerium verschickt. Der Entwurf, über den zunächst die Wirtschaftswoche berichtete, liegt der taz vor. Die neue Kindergrundsicherung soll demnach einfach, unbürokratisch und in der Summe höher sein als alle bisherigen Einzelleistungen.

Den Eckpunkten zufolge, will das Familienministerium „nicht nur das Leistungsniveau erhöhen, sondern auch mehr Familien und ihre Kinder erreichen“ und zwar durch „vereinfachte Zugänge zur Leistung und digitale Ausgestaltung des Antrags- und Bewilligungsverfahrens“.

Bisherige Leistungen wie das Kindergeld, der Kinderzuschlag für Familien mit geringem Einkommen oder Sozialleistungen für Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r:in­nen sollen in der Kindergrundsicherung gebündelt und aus einer Hand ausgezahlt werden. Eine neue Kindergrundsicherungsstelle soll künftig zentraler Ansprechpartner sein.

Die Grundsicherung für Kinder soll aus zwei Komponenten bestehen: Einem Garantiebetrag, der mindestens der Höhe des 2025 geltenden Kindergeldes entsprechen soll. Das sind aktuell 250 Euro. Perspektivisch soll der Garantiebetrag „der maximalen Entlastungswirkung des staatlichen Kinderfreibetrags entsprechen“, heißt es in den Eckpunkten. Der liegt momentan bei 354 Euro. Mit der Gleichstellung will das Familienministerium mehr Verteilungsgerechtigkeit herstellen.

Auszahlung ab 2025

Zweiter Bestandteil der Kindergrundsicherung soll ein Zusatzbetrag sein, der sich nach Haushaltseinkommen und dem Alter der Kinder richtet. In diesen Zusatzbetrag sollen auch der Kinderzuschlag für Familien mit wenig Einkommen von bis zu 250 Euro und der Teilhabebetrag von 15 Euro für Musikschule und Sportverein integriert werden, auf den Kinder Anspruch haben, deren Eltern Sozialleistungen bekommen.

Ob Familien Anspruch auf den Zusatzbetrag haben soll durch einen regelmäßigen „Kindergrundsicherungs-Check“ auf Basis von Steuerdaten vom Staat erhoben werden. Die Familien sollen dann von der Kindergrundsicherungsstelle informiert werden. Über ein Online-Portal sollen sie das Geld einfach beantragen können. Familien, die Bürgergeld, also das bisherige Hartz-IV beziehen, sollen den Zusatzbetrag automatisch erhalten. Aus der bisherigen Holschuld der Bür­ge­r:in­nen soll so eine Bringschuld des Staates werden.

Bislang müssen sich Familien selbst informieren, welche Leistungen ihnen zustehen und diese beantragen. Das führt etwa dazu, dass aktuell nur rund 35 Prozent der Kinder, die Anspruch auf den Kinderzuschlag hätten, diesen tatsächlich erhalten. Auch vom Teilhabebetrag haben viele Familien nie gehört.

Die Erwerbstätigkeit der Eltern soll mit der Kindergrundsicherung ebenfalls gefördert werden. Der einkommensabhängige Zusatzbetrag soll zwar mit steigendem Einkommen sinken, jedoch langsamer als das Einkommen tatsächlich steigt. Aktuell bekommen 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche staatliche Sozialleistungen, davon mehr als die Hälfte (1,6 Millionen) obwohl die Eltern erwerbstätig sind.

Das Bündnis Kindergrundsicherung äußerte sich in einer ersten Reaktion wohlwollend zu den Vorschlägen. Verena Bentele vom Sozialverband VdK begrüßte es in einer Stellungnahme, „dass künftig das Wirrwarr familienpolitischer Leistungen gebündelt wird und als direkte Geldleistung an die Familien ausgezahlt werden soll.“ Der Staat werde endlich in die Pflicht genommen, anspruchsberechtigte Familien direkt auf ihre Ansprüche hinzuweisen und die Beantragung zu automatisieren. „Allerdings muss für eine gerechte Kindergrundsicherung auch der Kinderfreibetrag konsequent einbezogen werden.“

Der Präsident des Kinderschutzbundes Heinz Hilgers meinte, die Eckpunkte gingen in die richtige Richtung und böten die Chance auf einen Systemwechsel bei den Familienleistungen. „Im weiteren Prozess kommt es darauf an, die Höhe der Geldleistung so zu bemessen, dass sie Kinderarmut verhindert“, mahnte Hilgers.

Derweil beugen sich die sieben beteiligten Ministerien über die Eckpunkte, ein gemeinsames Eckpunktepapier der Regierung wollen sie im Februar beschließen. Diese gemeinsamen Eckpunkte werden die Grundlage für den Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung sein. Das Gesetzgebungsverfahren soll noch in diesem Jahr beginnen. Ab 2025 sollen Kinder ihre neue Grundsicherung erhalten.

Aktualisiert und ergänzt am 19.01.2023 um 14:15 Uhr. d. R.

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