Jahresbericht des Ostbeauftragten: Positiver Blick auf Ostdeutschland

Laut Christian Schneider entwickeln sich die Industrien in Brandenburg und Sachsen-Anhalt gut. Die Zufriedenheit der Ostdeutschen nimmt aber ab.

Ein Sänger auf einer Bühne

Weckt Neugier auf Ostdeutschland: Sänger Clueso bei einem Auftritt in Dresden Foto: Sebastian Kahnert/dpa

BERLIN taz | Chancen und positive wirtschaftliche Entwicklung: Carsten Schneider (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, hat seinen ersten Jahresbericht vorgestellt. Sein Fokus liegt auf positive Entwicklungen.

Schneider hebt insbesondere die Rolle Ostdeutschlands als Industriestandort hervor. Er erwähnt etwa die Chip-Werkstatt von Intel in Magdeburg oder das Tesla-Werk in Brandenburg. Aber vor allem plädiert er für Neugier: Mehr Westdeutsche sollen nach Ostdeutschland reisen. Die ostdeutsche Kultur habe ganz Deutschland geprägt, Schneider erwähnt die Bands Clueso und Blond. Die Sängerin Nina Kummer hat selbst einen Bericht über ihre Heimatstadt Chemnitz geschrieben.

Außerdem eine positive Entwicklung: Die Zahl der Arbeitslosen in Ostdeutschland war vor der Coronapandemie auf einen neuen Tiefstand gesunken. Das Problem, das lange Zeit den Diskurs in Ostdeutschland bestimmt hatte, wurde mittlerweile vom Fachkräftemangel abgelöst.

Im sogenannten Deutschland-Monitor, gab im Sommer 2022 eine deutliche Mehrheit der Befragten (61 Prozent) an, die Deutsche Einheit sei ein Gewinn gewesen. In der Studie zeigt sich aber auch, dass die Unzufriedenheit mit der politischen Situation wächst. So waren 2022 nur noch 31 Prozent der Befragten in den östlichen Bundesländern alles in allem zufrieden – neun Prozent weniger als 2020.

Etwas mehr Wohlwollen für Ein­wan­de­re­r:­in­nen

Im Osten waren zu diesem Zeitpunkt nur 26 Prozent mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden, im Vergleich zu 42 Prozent 2020. Im Westen dagegen liegt die Zufriedenheit aktuell bei 44 Prozent. Vor zwei Jahren waren es noch 54 Prozent gewesen.

Holger Liljeberg vom Institut INFO betont, dass die wachsende Unzufriedenheit ein gesamtdeutsches Problem sei. Sein Institut hatte für den Monitor rund 4.000 Menschen in Ost und West befragt. Immerhin unterstützen 42 Prozent der Ostdeutschen dieses Jahr die Aussage, dass die Zuwanderung von Menschen aus dem Ausland eine Bereicherung für die Gesellschaft darstellt (2020: 38 Prozent). In Westdeutschland sind es stabil 52 Prozent.

Den Umgang der Bundesregierung mit dem Krieg in der Ukraine sehen lediglich 36 Prozent der Befragten in Gesamtdeutschland positiv. Besonders in der Meinung zur Lieferung schwerer Waffen liegen Ost und West weit auseinander: Im Westen befürworten das 54 Prozent, im Osten lediglich 32 Prozent. In beiden Teilen werden die Risiken des Kriegs relativ hoch eingeschätzt, im Osten etwas höher.

Außerdem stellt der Bericht Zukunftsvisionen der Bundesregierung für Ostdeutschland vor, unter anderem das Zukunftszentrum: Hier sollen Erfahrungen und Leistungen von Ostdeutschen sichtbar gemacht werden, aber auch Erfolge und Chancen der Umbrüche gezeigt werden – mit Hinweis auf heutige Herausforderungen. Schneider betont: „Wir können heute vom ostdeutschen Pragmatismus lernen“ – im Osten hatten die Leute kein Geld und keine Beziehungen und hätten es trotzdem geschafft, so Schneider.

Kritik von der Linken

Trotz positiver Bilanz insgesamt, betont Schneider im Bericht, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, die Lebensverhältnisse zwischen Ost und Westdeutschland anzugleichen. Insbesondere die Probleme bei der Energieversorgung seien für den Osten noch dramatischer, da die Löhne hier immer noch niedriger als im Westen sind. Außerdem verfügen die Bür­ge­r:in­nen im Osten über weniger Rücklagen und kaum Vermögen.

Zuvor hatte der Ostbeauftragte der Linksfraktion Sören Pellmann kritisiert, dass sich die Lebensverhältnisse von Ost- und Westdeutschland nur schleppend angleichen würden. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, lag die Wirtschaftsleistung des Ostens im Jahr 2021 immer noch deutlich niedriger als im Westen. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf betrug im Osten 34.587 Euro und 44.968 Euro im Westen. Damit ist die ostdeutsche Wirtschaftsleistung bei 77 Prozent des Westniveaus.

Der Thüringer Schneider hat das Amt des Beauftragten für Ostdeutschland seit dem Regierungswechsel 2021 inne. Der Bericht selbst ist neu. Er soll künftig im Wechsel mit dem Bericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit erscheinen, um so auch individuelle und verschiedene Stimmen abzubilden. Der Bericht des Ostbeauftragten ist eine Sammlung von 15 Einzelberichten und unterstützenden Statistiken.

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