Putzen und Kochen: Von den Dichtern lernen

Zu wenig Engagement im Haushalt kann zu Unordnung und Trennung führen, zu viel Engagement zu noch schlimmerem. Ein Lob auf den Durchschnitt.

Illustration von Putzutensilien, die neben Büroutensilien platziert sind

Gilt auch am Herd: Geht der Pfeil zu steil nach oben, ist das auch nicht gut Foto: Jamie Jones/Ikon Images/imago

Schon wieder diese Haushaltskolumne, denken Sie vielleicht gerade; und das wäre jedenfalls exakt das, was ich nach getanem Abendessen mit Blick auf das Schlachtfeld in unserer Küche auch immer denke: Schon wieder. Sie allerdings kann ich beruhigen: Diese Kolumne ist nun auf ihr monatliches Erscheinen eingeschwenkt, nachdem ich zuvor noch einen urlaubenden Kollegen im Zweiwochenrhythmus vertreten habe.

Die ewige Wiederkehr des Gleichen und die trotzdem saubere Ausführung – das ist ein Thema, das nicht nur im Haushalt eine Rolle spielt: „‚Low-Performer‘ und Überflieger werden auf der Arbeit besonders gefördert. Der Durchschnitt dagegen wird häufig vergessen. Doch damit setzen Chefs auf die falsche Strategie“, hieß es etwa vor einigen Jahren in der FAZ.

Mit meinem damaligen Chef – also dem auf Arbeit – war ich bei einem Espresso auf das Thema gekommen. Er mochte den Artikel, er sagte, er überlege sich schon lange eine „Systematik zum Gegensteuern“. Bevor die hätte greifen können, hatte er aber den Job schon wieder gewechselt. Das eben geht im Dauerdienst Haushalt nicht, hier bleibt man auf ewig, meistens auch wer man ist. Gehen wir die Sache mit „Systematik“ an, dann sieht es so aus: Der haushaltende männliche Low-Performer in Hetero-Beziehungen hält sich nicht lang. Es gibt sie, diese Lars-Eidinger-artigen Typen, die aus jedem eingeschlagenen Nagel ihre persönliche Vergöttlichung ableiten; aber früher oder später sagt die Frau ciao, es sei denn, sie wird entsprechend entschädigt, mit Muttipanzer und Ehevertrag; aber das betrifft nur die paar Prozent FDP-Wähler.

Der männliche Haushaltsüberperformer ist problematisch für alle Beteiligten, nicht zuletzt für sich selbst. Denn die klinische Leidenschaft, die der Haushaltsobsessionist aufbringt, wird nie genügend anerkannt, was einfach daran liegt, dass Obsessionen wie Religionen von Nichtobsessiven und Nichtreligiösen nie genug anerkannt werden; weil sie halt eben nun mal Privatsache sind; und zuletzt hat der Anschlag auf Salman Rushdie wieder deutlich gezeigt, dass mit Beleidigten und Verladenen nicht zu spaßen ist.

Meistens geht die Sache aber ziviler ab, die Wege trennen sich eben. So kannte ich mal einen Dichter, der auf Lesereisen gern Hotelzimmer verwüstete – er kam aus der DDR-Prenzl’bergszene und fand das Punk. Zu Hause wienerte er wie wild, wenn er nicht gerade dichtete, aber Poeten warten oft lange auf Inspiration, da bleibt schon einige Zeit. Irgendwann zwischen zwei Putzsessions sagte seine Frau: „Du, ich geh, das ist mir zu clean hier, ich dachte, du bist Punk.“

Von den Dichtern lernen heißt, die Liebste behalten. Ich bin im Haushalt Durchschnitt. Manches mache ich sorgsam, Fahrrad aufpumpen zum Beispiel; kochen tue ich auf Kantinenniveau, ich falte obsessiv Küchentücher und putze zwei von drei Wohnzimmerfenstern, dann höre ich auf – wie eben jetzt gerade auch.

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Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.

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