Rückkehr nach Berlin, um Klartext zu reden

Ron Prosor ist der neue Botschafter des Staates Israels in Berlin. Seine Familie lebte zuletzt 1933 dort

Aus Berlin Klaus Hillenbrand

Zuletzt hatte die Familie im Jahr 1933 ihren Wohnsitz in Berlin. Der Vater Berthold Proskauer, ein deutscher Patriot und „Preuße“, arbeitete im Bekleidungsgewerbe. Der deutsche Jude zögerte nach der Machtübernahme der Nazis mit der Auswanderung. Seine Frau Elfriede überzeugte ihn. Das Ehepaar emigrierte zusammen mit Tochter und Sohn Ulrich in das britische Mandatsgebiet Palästina. Dort, so heißt es, habe sich der Großvater schwer getan. Proskauer wollte weder auf die deutsche Sprache noch auf seinen deutschen Pass verzichten – ein typischer Jecke, wie die Flüchtlinge aus Hitlers Reich damals genannt wurden.

An diesem Montag ist Ron Prosor, der Enkel Berthold Proskauers, nach Berlin zurückgekehrt – als Botschafter des Staates Israels übergab er sein Beglaubigungsschreiben an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger spricht Prosor fließend Deutsch. Der neue Vertreter Israels beließ es nicht bei einem Plausch mit Steinmeier. In einer höchst ungewöhnlichen Aktion stand er am Nachmittag mitten auf dem Berliner Bebelplatz – dort, wo die Nazis 1933 Bücher verbrannten – und hielt eine kurze Rede.

„Wer hätte gedacht, dass ich – der Enkel des stolzen Preußen Berthold Proskauer – einmal als Botschafter den Staat Israel vertreten werde“, sagte Prosor und erinnerte daran, dass seine Familie 79 Jahre zuvor aus diesem Berlin hatte fliehen müssen. Der Posten sei für ihn nicht nur eine berufliche Aufgabe. „Es ist auch eine sehr persönliche und emotionale Angelegenheit. Ich kehre zu den deutschen Wurzeln meiner Familie zurück. Als stolzer Israeli.“

Es ist nicht der erste Posten Prosors in Deutschland. Von 1988 bis 1992 arbeitete er unter anderem als Pressesprecher in der damaligen Botschaft Israels in Bonn und knüpfte Kontakte in die neuen Bundesländer. Er gilt als einer der profiliertesten Diplomaten seines Landes. Zwischen 2011 und 2015 vertrat er Israel als Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York, davor diente der Politikwissenschaftler in gleicher Funktion in London.

Ron Prosor, ein herzlicher Mann, wie ihn Freunde bezeichnen, wird auch in Berlin die Positionen Israels verteidigen, sei es im Konflikt mit den Palästinensern oder mit dem Iran. Er ist bekannt als jemand, der gerne Klartext spricht. Während seiner Amtszeit bei der UNO in New York warf er den Vereinten Nationen vor, Vorurteile gegen Israel zu hegen. Über den Iran schrieb er 2012 laut Israelnetz: „Unsere Pflicht ist klar. Es reicht nicht aus, gut zu sein. Wir müssen wissen, was zu tun ist, wenn wir dem Bösen gegenüberstehen.“

Ron Prosor wird wohl auch nicht schweigen, wenn wieder einmal antisemitische Tiraden in Deutschland geschwungen werden. Deutlich wurde das schon vor seinem Amtsantritt in der vergangenen Woche, als der Noch-nicht-Botschafter die Behauptung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von „50 Holocausts“, begangen von Israel an den Palästinensern, als „Holocaust-Leugnung auf deutschen Boden“ bezeichnete und von einer „Schande“ sprach.