Parteiordnungsverfahren gegen Ex-Kanzler: Schröder bleibt wohl Genosse

In Hannover beginnt die Verhandlung darüber, ob Ex-Kanzler Gerhard Schröder in der SPD bleiben darf. Ein Rauswurf ist jedoch unwahrscheinlich.

Gerhard Schröder

Wie erwartet, ließen sich weder Schröder noch sein Anwalt blicken Foto: Kay Nietfeld/dpa

HANNOVER taz | In Hannover hat im dritten Anlauf das lange erwartete Parteiordnungsverfahren gegen Ex-Kanzler Gerhard Schröder begonnen. Zwei Termine im Juni hatten aufgrund von Corona-Erkrankungen verschoben werden müssen.

In der Zwischenzeit hat das Verfahren allerdings deutlich an Schwung verloren: Wie erwartet, ließen sich weder Schröder noch sein Anwalt blicken. Aber auch die Antragsteller – 17 Ortsvereine und andere Gliederungen der SPD – erschienen nicht vollzählig, nur 7 von ihnen nahmen im Saal der SPD Parteizentrale in der Odeonstraße Platz. Die Zuschauerplätze in dem parteiöffentlichen Verfahren blieben ebenfalls leer.

Kein Wunder, denn schon seit Wochen mahnen Parteiobere und Rechtsexperten sich nicht zu viel von dieser Verhandlung zu versprechen. Die Hürden für einen Parteiausschluss sind hoch, wie die SPD im Fall Sarrazin, der sich über zehn Jahre lang hinzog, schmerzlich erfahren musste.

„Man muss eben eine Schädigung der Partei auch erst einmal nachweisen können. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn massenhaft Mitglieder ausgetreten wären oder es krachende Wahlniederlagen gegeben hätte“, erläutert Bezirksgeschäftsführer Christoph Matterne am Rande der Verhandlung noch einmal.

Schröder schaltet auf Stur

Einen solchen Schaden sehe er hier aber nicht. Im Gegenteil: Es haben auch schon Mitglieder mit dem Austritt gedroht für den Fall, dass Schröder ausgeschlossen werde. Es sei also fraglich, ob die Antragssteller die Mehrheitsmeinung innerhalb der Partei repräsentieren.

Die Antragssteller argumentieren dagegen, Schröder habe mit seiner mangelnden Distanz zu Putin und seinen Einkünften aus dem russischen Gasgeschäft zentrale Grundsätze der Partei verletzt. Ihre Position wird allerdings dadurch geschwächt, dass Schröder nach langem Zögern seinen Aufsichtsratsposten bei Rosneft letztlich doch verließ und bei Gazprom gar nicht erst antrat.

Dennoch verteidigt der 78-Jährige nach wie vor seine Männerfreundschaft zu Putin, erst vor wenigen Tagen betonte er in einem Interview mit der FAZ, er wolle seinen Draht zu Putin weiter aufrechterhalten und glaube nicht an eine militärische Lösung in der Ukrai­ne. Seine Gegner werfen ihm daher auch vor, die russische Kriegsschuld kleinzureden. Schon vorher hatte Schröder großen Unmut auf sich gezogen, als er in einem Gespräch mit einer Korrespondentin der New York Times großspurig verkündete: „Mea culpa ist nicht so mein Ding.“

Gegen die Kritik aus seiner eigenen Partei zeigte der Altkanzler sich bisher immun, blockte auch Gesprächsangebote führender Sozialdemokraten immer wieder rigoros ab. In anderen Fällen hat er anders reagiert: Dem Entzug der Ehrenbürgerwürde Hannover etwa, kam er zuvor, in dem er sie zurückgab. Ähnlich reagierte er auf Kritik aus der Arbeiterwohlfahrt oder Hannover 96, als die ihm einen Preis oder die Mitgliedschaft aberkennen wollten. Bei der Partei, in der er seit fast 60 Jahren Mitglied ist, schaltet er aber auf stur.

Also muss die Schiedskommission entscheiden, sie setzt sich zusammen aus der niedersächsischen Europaministerin Birgit Honé, dem langjährigen hannoverschen Ratsherren Manfred Müller und dem Vorsitzenden Heiger Scholz. Die Kommission hat sich die Argumentation der Antragssteller angehört und die Rechtslage erörtert, nun wird über drei Wochen beraten.

Erst dann wird eine Entscheidung mitgeteilt, die könnte beispielsweise auch im Aussprechen einer Rüge bestehen. Dagegen kann Einspruch erhoben werden, weitere Instanzen wären die Bezirksschiedskommission und Bundesschiedskommissionen der Partei.

Wie erwartet, ließen sich weder Schröder noch sein Anwalt blicken.

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