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Viele halfen viel und vielen in der Pandemie

Pandemie ist die Zeit der Solidaritätsappelle. Forscher wissen heute, wer sich engagierte

Von Nicola A. Mögel

Masken auf und Abstand halten zum Schutze der Mitmenschen. Zu Beginn der Coronapandemie war der Appell an die Solidarität in aller Munde. Kaum eine Politikerrede, kaum ein Artikel kam ohne den Verweis auf Solidarität aus. Was wurde aus den Appellen? Doppelt belastete Eltern im Homeoffice, Kinder, die weder in der Schule noch in der Freizeit Freun­d*in­nen treffen konnten, überlastete Pflegekräfte und Senior*innen, die keinen Besuch bekamen, hatten sicher gute Gründe, am solidarischen Miteinander zu zweifeln.

Inzwischen hat sich die Forschung dem Thema gewidmet. Das Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung fragte in einer Studie 2020: Wie viel haben sich Menschen außerhalb ihres Haushalts geholfen? Die Antwort: Viel und viele. Ein Drittel der Hilfsbeziehungen entstand neu. Das Gros der Solidarität gab es innerhalb der Familienbande, aber auch für Nachbarn. Etwa ein Fünftel der von der Sozialwissenschaftlerin Gesine Höltmann und ihren Kol­le­g*in­nen Befragten halfen ihnen unbekannten Menschen.

Bezogen auf die Gesamtgesellschaft erfuhren 15 Prozent der Bevölkerung Unterstützung von ihnen bis dahin Unbekannten. Besonders jüngere Menschen zwischen 18 und 39 Jahren brauchten Unterstützung, darunter vor allem Familien und Studierende. Hätte die Befragung Menschen über 69 Jahre einbezogen, wären vermutlich auch sie unter den Nachfragenden nach Unterstützung gewesen. „Häufig entwickelten die Menschen ein wechselseitiges Hilfssystem, etwa Familien mit schulpflichtigen Kindern“, sagt Höltmann.

Zwei solidarische Typen beschreibt Alexia Katsanidou: einerseits Menschen mit einem ähnlichen Charakteristikum, die sich im Umfeld einsetzen oder in einer Genossenschaft wiederfinden, andererseits gesellschaftlich ausgerichtete Menschen, die innerhalb einer Community solidarisch sind, wie es auch in der Pandemiekrise zu sehen war. Katsanidou, Forscherin am Gesis-Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Köln, hat beobachtet, dass sich kulturell offene Menschen mit einem höheren Bildungsgrad als gesellschaftlich solidarische Menschen erwiesen. Weniger Gebildete solidarisierten sich eher mit ihrem direkten Umfeld.

Also alles gut? Nicht ganz. Man sollte die spaltenden Geister nicht vergessen. Wie Höltmanns Forschung zeigte, förderte die Pandemie auch antisoziale Tendenzen zutage und verstärkte bestehende oder schuf gar neue Ungleichheiten. Polarisierung und Zusammenhalt existieren nebeneinander.

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