Equadors Präsident Guillermo Lasso: Ausnahmezustand verhängt

Lasso will der anhaltenden Proteste der indigenen Bevölkerung Herr werden. Zugleich kommt er ihr mit sozialen Maßnahmen entgegen.

Eine Menschenmenge bahnt sich den Weg durch eine Straße und hält Banner und Flaggen

Tausende Demonstrierende waren am 16. Juni auf den Straßen Quitos unterwegs Foto: Juan Diego Montenegro/dpa

BUENOS AIRES taz | Ecuadors Präsident Guillermo Lasso hat den Ausnahmezustand über die drei Provinzen Pichincha, Cotopaxi und Imbabura verhängt. Seit Samstag 0 Uhr sind dort größere Versammlungen verboten und können durch den Einsatz von Polizei und Militär aufgelöst werden. Der Ausnahmezustand gilt zunächst für 30 Tage. Zugleich verhängte der Präsident eine Ausgangssperre über den Hauptstadtbezirk Quito. Sie gilt von 22 Uhr bis 5 Uhr.

Damit reagierte Lasso auf die seit Anfang der Woche anhaltenden Proteste unter der Führung der indigenen Dachorganisation CONAIE. Diesen haben sich zwischenzeitlich auch einige Gewerkschaftsverbände angeschlossen. Durch Aufmärsche, Straßenblockaden in Form aufgeschütteter Erdhaufen und Steinwällen wurde der Verkehr in weiten Teilen des Landes lahmgelegt.

Die Blockaden seien nicht nur rechtswidrig, sie würden auch die Versorgung der Bevölkerung gefährden, sagte Lasso in seiner Fernsehansprache am späten Freitagabend. „Ich werde unsere Hauptstadt und das Land verteidigen“, sagte der Präsident. Zugleich kündigte er ein Maßnahmenpaket an, um „die schwierige Situation vieler Familien zu lindern“. So wird der staatliche Unterstützungsbonus für einkommensschwache Familien um fünf auf 55 Dollar monatlich angehoben, was gut 263.000 Familien zugutekommt.

Zugleich werden fällige Kleinkredite bis zu 3.000 Dollar bei der staatlichen Bank Banecuador erlassen und zinsgünstig Neukredite für kleine Agrarproduzierende und Beihilfen für Düngemittel gewährt. Und während der Haushalt für interkulturelle und zweisprachige Bildung um 50 Prozent angehoben werde soll, rief der Präsident für den Gesundheitsbereich den Notstand aus, um eine Verbesserung der medizinischen Versorgung zu erreichen.

Spritpreise müssen sinken, fordern die De­mons­tran­t*in­nen

Mit den Maßnahmen kommt Lasso den Forderungen der CONAIE weitgehend entgegen. Die hat das Ende der Proteste von der Erfüllung von insgesamt zehn Punkten abhängig gemacht, darunter die Senkung und das Einfrieren der Kraftstoffpreise. Lasso lenkte ein und versprach, dass es keine Anhebung der Diesel- und Benzinpreise geben werde. Eine Senkung stellte er aber nicht in Aussicht.

Ob die Zugeständnisse die De­mons­tran­t*in­nen zufriedenstellen ist noch unklar. Bisher waren bei den Protesten mindestens 40 Personen verletzt und ebenso viele festgenommen worden. Darunter befand sich auch der CONAIE-Vorsitzende Leonidas Iza. Dieser kam am Dienstag unter dem Vorwurf der Anstachelung zu den Blockaden in Haft. Die CONAIE-Führung rief daraufhin zu einer „Radikalisierung“ der Proteste auf.

Wenig später konnten vor allem in Quito teilweise heftige Zusammenstöße zwischen der Polizei und Demonstrierenden beobachtet werden. Steine flogen, Barrikaden und Polizeiautos brannten. Tags darauf wurde Iza von einem Untersuchungsrichter vorübergehend freigelassen. Während die Anklage weiterbesteht, soll sich der CONAIE-Vorsitzende in Freiheit auf ein kommendes Gerichtsverfahren vorbereiten, sagte der Richter.

Dass Präsident Guillermo Lasso mit der Verhängung des Ausnahmezustands Stärke und Handlungsfähigkeit demonstriert, täuscht nicht darüber hinweg, dass er seit seinem Amtsantritt im Mai 2021 stetig an Rückhalt in der Bevölkerung verloren hat. Lebte zu Beginn seiner Amtszeit jeder Dritte der 18 Millionen Ecua­do­ria­ne­r*in­nen unterhalb der Armutsgrenze, ist es inzwischen nahezu jeder Zweite. Auch im Parlament steht ihm eine breite, wenn auch untereinander zerstrittene Opposition gegenüber. Seine anfängliche Allianz aus der christsozialen PSC und seiner eigenen Partei CREO ist längst zerbrochen.

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