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Nachdem sie zehn Tagen vermisst wurdenDuo tot am Amazonas gefunden

Ein Journalist und ein Idigenen-Experte werden in Brasilien vermisst. Nun gesteht ein Verdächtiger den Mord, und führt zu sterblichen Überresten.

Ein Banner mit den Gesichtern der beiden Vermissten Foto: ap

Berlin taz | Die schlimmsten Befürchtungen haben sich bewahrheitet: Der britische Journalist Dom Phillips und der Indigenenexperte Bruno Pereira sind tot.

Die beiden waren im Javari-Tal im abgelegenen Westen des brasilianischen Amazonasregenwaldes verschwunden. Zuletzt waren sie am 5. Juni auf einem Boot auf dem Itaquai-Fluss gesehen worden.

Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch erklärte Eduardo Fontes, Polizeichef des Bundesstaates Amazonas, dass die Leichen von zwei Männern geborgen wurden, unweit des Ortes, wo Phillips und Pereira verschwanden. Zuvor hatte Brasiliens Justizminister Anderson Torres den Fund „menschlicher Überreste“ bekanntgegeben.

Zwei Männer waren zuvor von der Polizei verhaftet und verhört worden. Einer soll gestanden haben, die Vermissten ermordet und später die Ermittler zum Fundort der Überreste geführt haben. Presseberichten zufolge könnten weitere Personen involiert gewesen sein.

Die beiden recherchierten zu Gewalt gegen Indigene

Phillips und Pereira waren in die Region gereist, um für ein Buch über Gewalt gegen Indigene und Umweltschutzprojekte zu recherchieren. Der 57-jährige Phillips war freier Journalist und Brasilien-Korrespondent für Zeitungen wie den britischen Guardian. Der 41-jährige Indigenen-Experte Pereira bereiste die Region seit vielen Jahren. Mehrere Jahre arbeitete er für die staatliche Indigenenbehörde Funai, wurde jedoch 2019 entlassen wie viele seiner Ex-Kollegen.

Es ist eine Strategie der rechtsradikalen Bolsonaro-Regierung, Umwelt- und Indigenenbehörden die Mittel zu kürzen und Mitarbeiter mit umweltpolitischer Expertise durch linientreue Funktionäre zu ersetzen. Seit Langem erhielt Pereira Morddrohungen.

Vor der Presse feierten die Ermittler am Mittwoch die Verhaftung. Doch gibt es Kritik an den Behörden. Sie hätten viel zu langsam reagiert und zu wenig Ressourcen bereitgestellt, um die Vermissten ausfindig zu machen. So hatten Indigene eigene Suchaktionen gestartet und am letzten Samstag persönliche Gegenstände der Vermissten gefunden.

Auch Brasiliens Botschaft in London steht in der Kritik. Sie ließ Phillips’ Familie am Montag wissen, dass die Leichen gefunden wurden. Bald zog sie ihre Aussage wieder zurück.

Präsident Bolsonaro bezeichnete die Arbeit des Duos als „Abenteuer“

Über die Motive für den Mord gibt es bislang nur Spekulationen. Phillips und Pereira könnten die Mörder beim illegalen Fischfang oder der illegalen Jagd beobachtet haben. Auch könnte die Tat im Zusammenhang mit Drogenhandel stehen. Die Region von der Größe Österreichs, die an Peru und Kolumbien grenzt, gilt als wichtiger Drogen-Korridor.

Auch kommt es in der Gegend häufig zu Konflikten zwischen Goldgräbern, Holzfällern und Indigenen. Seit Bolsonaros Amtsantritt hat die Gewalt in Amazonien stark zugenommen.

Der Präsident hatte die Arbeit von Phillips und Pereira in der vergangenen Woche als „Abenteuer“ bezeichnet. In einem weiteren Interview sagte Bolsonaro nun, dass „dieser Engländer“ in der Region „unbeliebt“ gewesen sei wegen seiner Reportagen über den illegalen Bergbau. Kri­ti­ke­r*in­nen werfen dem Präsidenten vor, die Verantwortung für die Morde den Opfern zuzuschieben.

Philipps’ Frau Alessandra Sampaio erklärte am Mittwoch: Obwohl es noch keine endgültige Bestätigung gebe, beende dieser „tragische Ausgang“ nun die Qual, nicht zu wissen, wo die beiden Männer sind. „Jetzt können wir sie nach Hause bringen und mit Liebe verabschieden.“

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