Auslieferungsantrag für Assange: Hoffen auf Deutschlands Hilfe

Die Familie von Julian Assange fordert die Bundesregierung auf, sich für den inhaftierten Wikileaks-Gründer einzusetzen. Doch Scholz tut sich schwer.

Der Vater von Julian Assange steht vor einem Plakat, das seine Freilassung fordert

Der Vater von Julian Assange während einer Pressekonferenz in New York Foto: Robert Bumsted/dpa

BERLIN taz | Die Familie von Julian Assange setzt ihre Hoffnungen auf die Bundesregierung. „Deutschland ist eine der führenden Kräfte in der EU und der Nato. Es hat viel Einfluss“, sagte am Montag John Shipton, der Vater des 50-jährigen Australiers, in Berlin. „An die deutsche Regierung haben wir einen einfachen Wunsch: Sie soll Joe Biden darum bitten, die Anklage fallen zu lassen.“

Drei Tage lang ist Shipton in Berlin. Gemeinsam mit seinem Sohn Gabriel wirbt er um Unterstützung für Assange. Der Wikileaks-Gründer sitzt derzeit in Großbritannien in Haft. Am Freitag hat die britische Innenministerin Priti Patel Assanges Auslieferung in die USA genehmigt, wo ihm ein Spionage-Prozess droht, weil er Militärunterlagen und Videos zu möglichen Kriegsverbrechen in Afghanistan und dem Irak veröffentlicht hatte. Um die Auslieferung noch zu verhindern, setzt Assanges Familie nun auf internationalen Druck.

Die Bundesregierung hält sich bisher aber mit öffentlicher Unterstützung zurück. Am Rande der bevorstehenden Gipfeltreffen von EU, G7 und Nato will Kanzler Olaf Scholz den Fall gegenüber Großbritanniens Premierminister Johnson und US-Präsident Biden nicht ansprechen. Es gehe um eine „Entscheidung des britischen Rechtssystems, da hat die britische Regierung kein Mitspracherecht“, behauptete Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag.

Einsatz der Grünen für Assange vor Ampel stärker

Eine Sprecherin des Außenministeriums verwies darauf, dass gegen die britische Entscheidung „weiterhin der Rechtsweg möglich“ sei. Außenministerin Baerbock verfolge den Fall aber „weiterhin intensiv“ und sei „auch mit ihrer britischen Kollegin dazu weiterhin in Kontakt“. Außerdem war für den späten Nachmittag ein Treffen von Baerbocks Staatsminister Tobias Lindner mit den Assange-Angehörigen geplant. In der Diplomatie, in der oft auch kleine Zeichen sorgsam abgewogen werden, hat so ein Termin Bedeutung. „Wir wissen das zu schätzen“, sagte John Shipton vor dem Treffen.

Allerdings habe er nun schon in mehreren Ländern erlebt, dass sich Parteien erst für Assange einsetzen, ihnen das Thema aber „lästig“ werde, sobald sie selbst an der Macht seien. In Deutschland hatten sich die Grünen vor ihrem Eintritt in die Bundesregierung noch viel vernehmbarer für Assange eingesetzt als heute. Der heutige Vizekanzler Robert Habeck unterzeichnete vor einem Jahr einen offenen Brief mit einem Appell an Ex-Kanzlerin Angela Merkel: Sie solle Joe Biden darum bitten, die Anklage gegen Assange fallen zu lassen. Baerbock forderte im Wahlkampf die Freilassung des Australiers.

Einige Ampel-Abgeordnete im Bundestag würden sich diese Deutlichkeit auch weiterhin wünschen. Ein gemeinsames Statement veröffentlichten am Montag Ulrich Lechte (FDP), Max Lucks (Grüne) und Frank Schwabe (SPD) zusammen mit Sevim Dağdelen (Linke), die die Berlin-Reise der Shiptons mitorganisierte. Die Abgeordneten forderten die Bundesregierung auf, sich „für die Freilassung von Julian Assange einzusetzen“ und gegenüber Biden auf „ein Ende der politischen Verfolgung des Journalisten zu drängen“. Außerdem solle ihm die Bundesregierung Asyl in Deutschland anbieten. Die Absage für ein solches Asyl kam prompt: „Dafür sind die Voraussetzungen nicht da. Er könnte nur aufgenommen werden, wenn er hier ist“, sagte Regierungssprecher Hebestreit.

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