Depeche-Mode-Keyboarder Andy Fletcher: Kaltes Bier und kühle Synthies
Andy Fletcher, Keyboarder der britischen Synthie-Popband Depeche Mode, ist am Donnerstag überraschend in London gestorben. Ein Nachruf.
Sie holten sich den Sänger Dave Gahan und benannten sich nach einem französischen Mode-Magazin um: Depeche Mode ward geboren. Und musikalisch nahm das Quartett sofort Kurs auf die Charts mit super-einprägsamen Hooklines und kühlem Technopop, strikt mit Synthesizern, Drumcomputern und Keyboards erzeugt, was damals de rigeur war, aber von Depeche Mode konsequenter als von den meisten anderen durchgezogen wurde.
Mit dem Debütalbum „Speak And Spell“ (1981) und der Hitsingle „Just Can't Get Enough“ wurden Depeche Mode unter dem Signet „Synthiepop“ berühmt. Der Sound war synthetisch, die Gefühle schienen echt zu sein, während man in der Inszenierung androgyn war. Erst allmählich wurde aus dem Stil von Depeche Mode klassischer Pop. Und Charthits wie „People are People“, „Enjoy The Silence“ oder „Personal Jesus“ machten Depeche Mode in der Zeit der mittleren Achtziger zu einer der weltweit erfolgreichsten Bands – mit mehr als 100 Millionen verkauften Tonträgern.
Zuletzt erschien 2017 das Album „Spirit“. Vor zwei Jahren wurde die Band in die „Rock & Roll Hall of Fame“ aufgenommen.
Abstürze, Aussetzer, Streitigkeiten gab es fast von Anfang an. Vince Clarke ging früh von Bord und gründete 1981 mit der Sängerin Alison Moyet das Duo Yazoo. Umgekehrt wurde Sänger Dave Gahan durch den Erfolg mit Depeche Mode von seiner schwierigen Jugend und einer Haftstrafe befreit. Trotz aller Unbill blieb die Band in ihrem Output relativ konstant.
Empfohlener externer Inhalt
Umso schmerzlicher wirkt nun die Nachricht vom Tod von Keyboarder Andy Fletcher, der am Donnerstag im Alter von 60 Jahren verstorben ist. „Fletch hatte ein wahres Herz aus Gold“: So würdigen Depeche Mode ihr Gründungsmitglied. „Wir sind schockiert und von unermesslicher Traurigkeit erfüllt über den vorzeitigen Tod unseres lieben Freundes, Familien- und Bandmitglieds Andy „Fletch“ Fletcher“, schrieben die Bandkollegen bei Twitter. Genauere Angaben zu seinem Tod gab es zunächst nicht. Fletcher hinterlässt seine Frau und zwei Kinder.
„Fletch war immer da, wenn man Unterstützung, eine lebhafte Unterhaltung, ein Lachen oder ein kaltes Bier brauchte“, hieß es weiter. Man sei im Herzen bei seiner Familie und bitte darum, deren Privatsphäre in dieser schwierigen Zeit zu respektieren.
Die Todesnachricht löste bei Fans und Kolleg:innen große Trauer aus. Der Ex-Drummer von der Band The Cure, Lol Tolhurst, schrieb, er habe Fletcher für einen Freund gehalten. „Wir haben als junge Männer viele gleiche Wege gekreuzt.“
Und das Duo Pet Shop Boys teilte bei Facebook mit, sie seien traurig und schockiert. „Fletch war ein warmherziger, freundlicher und lustiger Mensch, der elektronische Musik liebte und auch vernünftige Ratschläge über das Musikgeschäft geben konnte.“
Wie und ob Depeche Mode ohne Andy Fletcher überhaupt weitermachen können, steht angesichts der traurigen Nachricht in den Sternen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld