Autofreie Innenstädte: Städte für Menschen, nicht Autos

Das Volksbegehren Berlin Autofrei ist laut Innenverwaltung unzulässig. Dabei ist körperliche Unversehrtheit wichtiger als Autos in der Innenstadt.

Ein Radfahrer auf der autofreien Friedrichstraße.

Ein Teil der Friedrichstraße in Berlin-Mitte ist bereits autofrei Foto: dpa/Paul Zinken

Eins ist klar: Autofreie Städte sind die Zukunft. Nicht nur, weil wir klimapolitisch überhaupt keine andere Wahl haben. Sondern auch, weil Städte in erster Linie für Menschen da sind und nicht für tonnenweise Stahl, das die Straßen verstopft und – wenn es nicht gerade nutzlos herumsteht – uns jede Menge Lärm, Schadstoffe und lebensgefährliche Unfälle beschert.

Das zu ändern, bedeutet nicht nur mehr Lebensqualität, sondern ist auch eine Frage der Gerechtigkeit: Nur rund je­de*r Dritte in Berlin besitzt ein Auto, dennoch werden 60 Prozent des Straßenraums von Autos beansprucht. Auch ohne drohenden Klimakollaps würden wir um eine Verkehrswende und damit auch um eine gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums nicht herumkommen.

Dass die SPD-geführte Innensenatsverwaltung unter Iris Spranger das Volksbegehren „Berlin Autofrei“ für unzulässig erklärt, weil dieser „unverhältnismäßig“ und „mit der allgemeinen Handlungsfreiheit unvereinbar“ sei, überrascht zwar nicht, ist aber trotzdem frech. Schon ihr Parteikollege und Amtsvorgänger Andreas Geisel verstand es, progressiven Volksbegehren Steine in den Weg zu legen. Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen kann davon ein Liedchen singen.

Und wenn es gegen das Vorhaben, den Autoverkehr innerhalb des S-Bahn-Rings stark einzuschränken, keine juristischen Einwände gibt, erfindet man eben politische. Denn es gibt kein Recht auf Autos oder Parkplätze in der Innenstadt. Was es aber gibt, ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Das wird jedoch durch die derzeitige Masse an Pkw bedroht: Jedes Jahr sterben Menschen nicht nur durch Verkehrsunfälle, sondern auch an schlechter Luft, für die hauptsächlich der Straßenverkehr verantwortlich ist.

Alternativen zum Auto müssen ausgebaut werden

Natürlich wird die Reduzierung des Autoverkehrs mit infrastrukturellen Maßnahmen einhergehen müssen. Das Argument, der öffentliche Nahverkehr oder das Radnetz müssten erst einmal ausgebaut werden, bevor Autos aus der Stadt verbannt werden können, verkennt jedoch das Wesen des Kapitalismus: Je weniger Autos in der Innenstadt erlaubt sind, desto mehr Menschen werden zu Fuß, mit Bus, Bahn oder Rad unterwegs sein und desto eher wird dieser Nachfrage ein Angebot folgen.

Das Problem dürfte eher sein, dass ökologische und soziale Maßnahmen wie die Reduzierung des Autoverkehrs für viele Menschen Einschnitte im persönlichen Komfort bedeuten. Doch keine Annehmlichkeit der Welt ist es wert, dass Menschen deswegen sterben müssen.

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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