Energiegewinnung durch Fracking: Auch in Deutschland schlummert Gas

Mit Fracking könnte ein Teil der Gasversorgung aus nationalen Quellen kommen. Doch die Technologie birgt Gefahren für Mensch und Umwelt.

Landschaft und Gashähne

Stelle für eine Probebohrung im Osnabrücker Land Foto: Rüdiger Wölk/imago

BERLIN taz | Mitunter wandern neidvolle Blicke über den Atlantik in die USA. Die Amerikaner haben sich aus ihrer Abhängigkeit von Öl- und Gaslieferungen aus dem Nahen Osten befreit. Geschafft haben sie dies mit Fracking, einer Technologie, mit der die Rohstoffe aus unterirdischen Gesteinsformationen gelöst werden können.

Kein Wunder, dass es auch hierzulande Befürworter des Frackings gibt. Verlockend erscheint die Aussicht, sich durch eine eigene Gasförderung vom Tropf der russischen Pipelines lösen zu können. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte dies gerade erst.

Tatsächlich schlummern auch in Deutschlands Untergrund große Mengen Gas in Schiefergesteinen. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat das Potenzial in einer Studie aus dem Jahr 2016 einmal geschätzt. Danach könnten zwischen 380 und 2.340 Milliarden Kubikmeter Schiefergas gefördert werden. Als Mittelwert gibt die Anstalt 800 Milliarden Kubikmeter an. Würde diese Menge aus dem Boden geholt, könnte sich Deutschland etwa zehn Jahre lang aus eigenen Quellen versorgen. Das klingt angesichts der aktuellen Versorgungskrise verlockend.

Doch Fracking ist im Unterschied zur konventionellen Gasförderung aufwendig und birgt erhebliche Gefahren. Das Gas ist in Schiefergesteinen gefangen. Wer es fördern will, muss zunächst tief bis in diese Gesteine bohren. Anschließend wird mit hohem Druck Wasser in die Tiefe gepumpt, das den Stein aufbricht und das Gas freisetzt. Für den Prozess werden dem Wasser auch Chemikalien beigemischt. Das mit dem Erdgas versetzte Wasser wird anschließend wieder an die Oberfläche gepumpt.

Fracking kann für zahlreiche Umweltprobleme sorgen

Der Haken an der Technologie sind die Risiken für die Umwelt. „Die Fracking-Technologie kann zu Verunreinigungen im Grundwasser sorgen“, warnt das Umweltbundesamt (UBA). Sorgen bestehen zudem durch die Verwendung von Chemikalien und die notwendige Entsorgung des anfallenden Abwassers. Die Umweltrisiken sind der wichtigste Grund für die Skepsis gegenüber dem Fracking. Was schon bei der konventionellen Gasförderung noch passieren kann, zeigt sich in den Niederlanden. In Groningen wurde 1959 ein Gasfeld angezapft. Spätfolgen sind Erdbeben. Alte Häuser zeigen Risse, die Schäden bringen die Bürger auf. In Kanada wurde bei einem durch Fracking ausgelösten Erdbeben die Stärke von 4,6 auf der Richterskala gemessen. Großbritannien hatte wegen dieser Gefahren vom Fracking wieder Abstand genommen; die konservative Regierung erwägt jedoch neue Probebohrungen.

In Deutschland ist diese Art der Gas- oder Ölförderung in großen Tiefen seit 2017 weitgehend verboten. Lediglich vier wissenschaftliche Erprobungsmaßnahmen wurden zugelassen, aber bisher nicht umgesetzt. Unterschieden wird zwischen konventionellem Fracking, bei dem in großer Tiefe Restvorkommen aus Lagerstätten oder festen Gestein gewonnen wird, und unkonventionellen Fracking. Letzteres spült Gas oder Öl aus Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein. Die Bohrungen führen nicht tief, sondern in die Nähe von Grundwasser. Das wurde vollständig verboten.

Seit der Einschränkung per Gesetz spielt Fracking in Deutschland keine Rolle mehr. Der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) bedauert dies. „Fracking bietet die Chance, die Erdgasversorgung in Deutschland für lange Zeit in der Zukunft zu sichern“, versichert der Verband. Doch derzeit lassen die potenziellen Investoren nicht nur aufgrund der Rechtslage die Finger davon. Der Technologie fehlt es auch an gesellschaftlicher Akzeptanz.

Das zeigte sich auch schnell nach dem Vorstoß Söders. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lehnte die Forderung des Bayern rundweg ab. „Ich glaube, dass das nicht der Weg ist, den wir gehen sollten und der uns weiterhilft“, stellte der Minister klar. Angesichts langer Genehmigungszeiten und dem ohnehin vorgesehenen Ausstieg aus fossilen Energien kann sich der Grüne keinen Einstieg ins Fracking vorstellen. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD lehnt es ab. In seinem Bundesland liegen die größten Gasreserven, die mittels Fracking gehoben werden könnten. Die Gaswirtschaft habe erkannt, dass die Akzeptanz für diese Art der Förderung fehle, sagt Weil. Unterstützung erhielt Söder nur vom Chef der IG Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliadis, der sich für das Fracking in Norddeutschland aussprach.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.