Lehrpläne ukrainischer Flüchtlingskinder: Kein Krieg der Lehrpläne bitte
Ukrainische Flüchtlingskinder stehen vor einer ungewissen Zukunft. Wie sie hier unterrichtet werden, sollte sich nach ihrem situativen Wohl richten.
![3 Mädchen mit kleinen Zuckerschultüten 3 Mädchen mit kleinen Zuckerschultüten](https://taz.de/picture/5473167/14/29753483-1.jpeg)
T ausende Kinder und Jugendliche aus der Ukraine werden in diesen Wochen in Deutschland schulpflichtig. Die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka hat die Kultusminister:innen aufgefordert, die Schüler:innen nach ukrainischem Lehrplan zu unterrichten. Geflüchtete Lehrkräfte und die ukrainische Onlineschule stehen dazu bereit. Deutschland setzt bisher vor allem auf Willkommensklassen und teilweise den Regelunterricht.
Für einen Unterricht nach ukrainischem Lehrplan spricht vor allem, dass es eine erhoffte baldige Rückkehr in die Ukraine erleichtert. Die Kinder müssen nicht erst Deutsch lernen und werden nicht in ihrem Bildungsniveau herabgestuft. Das entlastet auch das personell unterbesetzte und pandemiebedingt beanspruchte deutsche Schulsystem. Notwendig wären lediglich eine schulrechtliche Anerkennung des ukrainischen Systems und Räume.
Gegen diese Lösung spricht, dass ukrainische und deutsche Schüler:innen in Parallelwelten unterrichtet werden. Auch die Onlineschule kann für ältere Jahrgänge keine dauerhafte Lösung sein. Das Lernen in wochen- und monatelanger Isolation ist für viele Kinder psychisch belastend. Falls der Krieg länger dauert als allgemein gehofft, wird es unabdingbar, die deutsche Sprache zu lernen, in deutschen Klassen zu sitzen und deutsche Abschlüsse zu machen.
Angesichts der großen Ungewissheit kommt es aktuell darauf an, keine der Lösungen für das Maß aller Dinge halten. Es geht nicht um die Frage des besseren Lehrplans, sondern um das situative Wohl der durch Krieg und Flucht ohnehin sehr belasteten Kinder. Mehrere Modelle müssen nach individuellem Bedarf und den Gegebenheiten am Wohnort kurzfristig möglich gemacht werden.
Ganz falsch wäre es allerdings, wenn nun sowohl das deutsche als auch das ukrainische Bildungssystem den geflüchteten Schüler:innen Leistungen abverlangen. Von zwischen den Systemen zerrissenen und von den Anforderungen überforderten Kindern hat nämlich auch in Zukunft keine Gesellschaft etwas.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche