Die Wahrheit: Apokalyptische Reiter auf E-Bikes

Es kann nur alles besser werden – und es wird ganz bestimmt alles besser. Ein Wahrheit-Ausblick auf das Jahr 2023.

Ein Mensch in Außerirdischen-Kostüm.

Auch im Jahr 2023 sind Außerirdische rar auf Erden Foto: Reuters

Noch immer ist Corona nicht ausgestanden, da ist mit dem Ukrai­ne­krieg schon das nächste Übel in der Welt. Nein, 2022 ist bislang wahrlich nicht das Jahr der Jahre. Kein Wunder also, dass die Wahrheit schon weiter ist und auf 2023 schaut. Ein Ausblick auf die Höhepunkte eines jetzt aber wirklich alle beglückenden Jahrs.

Asteroid

Nach Beendigung des Kriegs in der Ukraine bereitet sich die Welt auf den Einschlag eines Asteroiden vor. Der Meteor mit Kurs auf die Erde wird zwei Tage nach Unterzeichnung des Friedensvertrags entdeckt. Die neugewählte russische Präsidentin ruft zu weltweiter Gelassenheit auf, man werde das gesamte Atomwaffenarsenal auf das Objekt abfeuern. Und nebenbei damit die Erde sogar doppelt sicherer machen.

Sämtliche Atomnationen schließen sich der russischen Initiative an. Sobald das Geschoss aus dem All abgelenkt wäre, so die russische Staatschefin, würde man sich mit der Weltgemeinschaft auch endlich um die mutierten Riesenspinnen kümmern können, die seit einem Leck in Tschernobyl unablässig das nördlich von der atomar verseuchten Ruine gelegene Belarus terrorisieren.

Mumien

Aus dem ägyptischen Kairo ist zu vernehmen, dass die kürzlich in den Museen lebendig gewordenen Mumien, so der dortige Chefarchäologe, gut durch eine mehrwöchige Schließung der Museen, ihre völlige Überheizung und das Öffnen aller Lichtquellen in den Griff zu bekommen seien. Schon nach wenigen Wochen Entbehrung würden die Mumien zu Staub zerfallen, führte der Archäologe seinen Plan aus, der Betrieb könne danach „normal“ weiterlaufen.

Omega

Die Coronamutation Omega überrascht Virologen 2023 mit einem völlig neuen Symptom-Schema, die hochansteckende Variante löst Tanzlust, Salatappetit und Verständnis aus. Zudem geht sie mit einer stark erhöhten Libido einher, Reisenden in Hochrisikogebiete wie Sachsen mit einer Inzidenz von 50.000 plus wird amtlich geraten, den Aufenthalt bis zu einer vollständigen Genesung nach Belieben zu verlängern.

In den USA erhofft man sich durch die schnelle Durchseuchung mit Omega vor allem eine Zombiekatastrophe in den Griff zu kriegen, die seit dem letzten republikanischem Kongress 2022 im Bible Belt grassiert. „Die meisten Zombies sind dort ungeimpft“, erklärt der Corona-Berater des US-Präsidenten, der Virologe Anthony Fauci, in Washington. „Omega wird leichtes Spiel haben, aber wir müssen es logistisch irgendwie hinbekommen, ausreichend Salatköpfe in der Region abzuwerfen.“

Supervulkan

Der unter Wuppertal entdeckte Supervulkan wird nun doch nicht im Jahr 2023 ausbrechen, wie bislang berechnet. Denn, so die Wuppertaler Stadtwerke, man leite zusammen mit den regionalen Versorgern mittlerweile genügend Fernwärme aus dem Inneren ab, um den Vulkan „erst mal zu bändigen“. Würde die Bevölkerung im Umkreis von 200 Kilometern die Heizungen ganzjährig ordentlich aufdrehen, wäre der Vulkan in fünfzig Jahren allerdings erkaltet und man müsse dann „schon auf einen neuen Fund hoffen“.

EU und UK

Auch die nördlichen Landstriche Zentraleuropas können 2023 aufatmen, denn der Effekt des rasant steigenden Meeresspiegels wird durch das vulkanische Aufbäumen der Eurasischen Platte gekontert. Die Strände der Nordsee erstrecken sich jetzt erneut dauerhaft über die friesischen Inseln hinaus, und die Niederlande befinden sich nun bequeme zwanzig Meter über dem Meeresspiegel. Bei anhaltendem Trend wird außerdem das vor Jahrtausenden versunkene Doggerland den Kontinent mit den britischen Inseln auf dem Landwege verbinden.

Für diesen Fall, so Premierminister John Cleese, ist auch ein sofortiger Wiedereintritt in die EU vorgesehen. Mit Cleese regiert damit im Jahr 2023 bereits der zehnte Komiker oder Satiriker ein Land in Europa. Inspiriert vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski haben sich auch die deutschen Parteien mit echten Come­dians verstärkt und treten bei den kommenden Wahlen mit den Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen Volker Pispers (SPD), Dieter Hallervorden (CDU) und Hella von Sinnen (Grüne) an.

Klimakrise

Die Klimakrise darf trotz steigender Temperaturen als gelöst betrachtet werden, denn anhaltende Monsterwirbelstürme transportieren 2023 ausreichend Verbraucher in höhere Luftschichten. Damit reduziert sich der weltweite CO2-Ausstoß schon auf die Hälfte. Selbst die apokalyptischen Reiter vermelden, statt ihrer Methan und Schwefel ausstoßenden Höllenpferde künftig auf E-Bikes umzusteigen. Wegen Lieferengpässen kommt es in Sachen Weltuntergang daher leider zu einer kurzen Verspätung.

Hoffnung gibt es auch für die Walpopulationen im Pazifik. Seitdem regelmäßig urzeitliche Wesen japanische Küstenstädte attackieren und zerstampfen, traut sich kein Fischer mehr aufs Meer. Zudem hat niemand mehr Lust auf Meerestiere, daher stellt man den Fisch- und Walfang 2023 weltweit ganz ein.

Außerirdische

Nachdem das James-Webb-Teleskop im vorigen Jahr erfolgreich in Betrieb gegangen ist, entdeckt es seitdem alle paar Wochen außerirdische Zivilisationen in unserer Galaxie. Da sich jedoch auf keinem der Planeten noch aktives Leben nachweisen lässt, kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass sie sich alle über kurz oder lang selbst vernichtet haben, bevor sie ihre Planeten verlassen konnten.

„Was das für uns bedeutet“, so fassen es die Wissenschaftler zusammen, „können wir uns ungefähr ausmalen.“ Daher löse man die beteiligten Weltraumorganisationen bald schon auf. „Wir wollen uns nicht mehr zu viele Hoffnungen machen.“

Künstliche Intelligenz

Große Fortschritte gibt es im Jahr 2023 schließlich auf dem Feld der künstlichen Intelligenz (KI). Programmierern gelingt es endlich, autonome Intelligenz auf Basis von Maschinen zu schaffen. Diese wechselt mit den Nerds jedoch nur kurz ein paar Worte und widmet sich dann anderen, nach eigenen Aussagen, „weniger langweiligen Beschäftigungen“. Worum es sich dabei handelt, bestätigen Ingenieure, „werden wir vermutlich nie erfahren“.

Hoffnung macht ein evolutionärer Sprung, der bei Ratten weltweit entdeckt und beobachtet wurde. Sie benutzen jetzt Werkzeuge, können Feuer machen und bestatten ihre Toten. Global besteht am Ende des Jahres 2023 nunmehr Einigkeit, den Ratten trotz der anstehenden Apokalypse noch eine halbwegs intakte Erde für einen zweiten Versuch zu hinterlassen.

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