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„Kleiner Höcke“ muss draußen bleiben

Der Ex-Abgeordnete Jens Maier (AfD) darf nicht wieder Richter werden. Nach viel Kritik will das Justizministerium Sachsen ihn in den Ruhestand schicken – Bezüge behält er vorerst

Darf über nichts entscheiden und muss in die Schmollecke: der rechtsex­treme AfD-Politiker und Ex-Richter Jens Maier Foto: Fo­to:­ Michael Kappeler/picture alliance

Von Michael Bartsch und Gareth Joswig

Erleichtert reagieren große Teile der Öffentlichkeit auf die Nachricht, dass der Rechtsextremist und Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier nicht wieder als Richter tätig werden darf. Von der Neuen Richtervereinigung hieß es, man begrüße und unterstütze die Maßnahmen der sächsischen Justizministerin Katja Meier (Grüne), „um zu verhindern, dass der als Rechtsextremist eingestufte Maier wieder Recht spricht“. Darüber hinaus seien die Einleitung eines Disziplinarverfahrens und eine Richteranklage zu prüfen.

Auch beim Staatsrechtler Fischer-Lescano, der die Zögerlichkeit des sächsischen Ministeriums zuvor scharf kritisiert hatte, klang Erleichterung durch, wenngleich mit Einschränkungen: „Der eingeschlagene Weg ist nur eine Notlösung.“ Maiers Rückkehr auf den Richterstuhl sei zwar abgewendet. Fischer-Lescarno kritisierte aber, dass Maier als Richter a. D. Ruhestandsbezüge behalte. „Das führt zu der nur schwer hinnehmbaren Konsequenz, dass sich ein rechter Verfassungsfeind voll auf die Weiterführung seiner verfassungsfeindlichen Aktivitäten konzentrieren kann und dabei staatlich alimentiert wird.“ Die Versetzung in den Ruhestand dürfe daher nur ein erster, vorläufiger Schritt sein, forderte der Bremer Rechtsprofessor. Das Ministerium bleibe in der Verantwortung, das Disziplinarverfahren durchzuführen.

Der frühere Richter Maier, der sich selbst als „kleiner Höcke“ bezeichnet hat und vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird, hatte am Samstag zwei Briefe vom sächsischen Justizministerium erhalten. Dort hatte er zuvor die Rückführung in das Richteramt beantragt, nachdem er mit seiner Wiederwahl in den Bundestag gescheitert war. Im ersten Schreiben steht, dass ihm diese formal zustehende Rückkehr gewährt wird. Allerdings wird Maier nicht an das Landgericht Dresden zurückkehren, wo er mit Zivilsachen befasst war. Das Ministerium weist ihm ab dem 14. März eine Stelle am Amtsgericht Dippoldiswalde zu, einer Kleinstadt nahe Dresden.

Mit dem zweiten Brief aber kommt das Ministerium der breiten Front demokratischer Kräfte entgegen, die eine Rückkehr des rechtsextremen AfD-Politikers strikt ablehnen. Das Ministerium delegiert allerdings die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsausübung Maiers an die Justiz selbst: An das Landgericht Leipzig, Sitz des sächsischen Dienstgerichtes, wird der Antrag gestellt, den 60-jährigen Maier in den Ruhestand zu versetzen. Das Justizministerium begründet das mit dem Richtergesetz, das einen solchen Schritt zur „Abwendung einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege“ erlaubt.

Parallel wird an das gleiche Dienstgericht der Eilantrag gestellt, Maier sofort bei Dienstbeginn die Führung der Amtsgeschäfte vorläufig zu untersagen. Ein solcher Antrag müsse ausführlich begründet und objektiv belegbar sein, sagte Justizministerin Meier bei einem Pressegespräch am Freitagabend. Die rechtlichen Hürden seien außergewöhnlich hoch, man habe sie lange geprüft. Kriterien wie Verfassungstreue, Unparteilichkeit oder Integrität eines Richters spielen dabei eine Rolle.

Das sächsische Dienstgericht wird also über die Weiterbeschäftigung Maiers entscheiden. Auf das Ministerium war der Druck zuletzt gewachsen: Nach dem Auschwitz-Komitee und dem Zentralrat der Juden kritisierte am Freitag auch der sächsische Landesverband der Neuen Richtervereinigung dessen abwartende Haltung. Die CDU als stärkste Fraktion im Landtag solle aber dem Ministerium nicht die alleinige Verantwortung zuschieben, schreiben die Richter. Beide schuldeten „den sächsischen Rich­ter­kol­le­g*in­nen ein beherztes Einschreiten“. Ein Einschreiten auf mehreren Ebenen sei parallel weiter möglich, sagten Ministerin Meier und Staatssekretär Mathias Weilandt. So könne das Landgericht Dresden als Dienstherr Maiers ein Disziplinarverfahren einleiten.

Vor allem rückt nun die in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte noch nie angewendete Richteranklage durch ein Parlament verstärkt ins Blickfeld. Die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag hat dazu ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Landesparlament müsste mit einer Zweidrittelmehrheit die Anklage beschließen und an das Bundesverfassungsgericht richten. Wegen der unklaren Haltung der CDU ist eine solche Mehrheit noch nicht gewiss.

Gegen alle Maßnahmen stehen Maier Rechtsmittel zu. Die Justizministerin wiederholte am Freitagabend mehrfach, dass es sich um Neuland handele. Bislang sind in der Bundesrepublik nur zwei Verfahren dieser Art bekannt geworden, eines davon wegen Verstrickung eines Richters ins Rotlichtmilieu. Wegen des Vordringens von AfD-Anhängern auch in die Justiz könnte die Causa Maier aber auch zu einem Präzedenzfall heranwachsen.

Eine Domestizierung Maiers in den vier Bundestagsjahren, wie gelegentlich kolportiert, widerlegt schon sein letzter öffentliche Auftritt. Am 13. September hatte Pegida nicht nur ihn, sondern auch Björn Höcke zur Wahlkampfunterstützung auf den Vorplatz des Dresdner Hauptbahnhofs eingeladen. „Ich habe immer zu Pegida gestanden“, bekundete Maier in einer fanatischen Rede damals. Er warnte davor, dass Deutsche im eigenen Land zu Menschen zweiter Klasse würden, attackierte die „Schimäre Zivilgesellschaft“ und beschimpfte Gegendemonstranten als „Kindersoldaten“.

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