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„Immer beengter und teurer“

In Hamburg wird das wachsende Interesse der Städter am Leben auf dem Land diskutiert

„Gehört dem Dorf doch die Zukunft?“: 22. 2., 12.15 bis 14 Uhr, mit dem Ökochemiker und Umweltschützer Ernst Paul Dörfler und der Geografin Susanne Dähner, Anmeldung unter: akademie-nordkirche.de/veranstaltungen/aktuelles/anmeldung/1086 oder Telefon ☎040 / 30 62 01 45 2

Interview Frauke Hamann

taz: Was ist dran am Trend „raus aus der Stadt“ – ist das eine Mode, Frau Dähner?

Susanne Dähner: Wir beobachten seit ein paar Jahren ein wachsendes Interesse am Land. Langjährige überzeugte Stadtbewohner zieht es immer häufiger dorthin, wo Platz und Freiräume im Überfluss vorhanden sind, während das Leben in den Städten immer beengter und teurer wird.

Die Statistik zeigt ein anderes Bild: 89.515 Menschen zogen 2020 nach Hamburg zu, nur 83.993 weg. Wie passt das zusammen?

Das Wachstum der Großstädte hängt vor allem am Zuzug aus dem Ausland. Im ersten Coronajahr ist dieser stark eingebrochen, wodurch die Wegzüge aus den Städten deutlicher in der Statistik hervortraten. Die Pandemie hat verstärkt, was zuvor schon spürbar war: Eine wachsende Zahl Städter zieht es – zumindest gedanklich – aufs Land.

Sehnsüchte wie Naturnähe, Ruhe, Nachbarschaftlichkeit verbinden sich mit dem Landleben. Was davon lässt sich verwirklichen?

Wichtig ist, dass sich die Zuziehenden auch auf das einlassen, was sie vorfinden. Wo neue Begegnungs-, Freizeit- und Arbeitsorte entstehen, wo Menschen – Einheimische und Zugezogene – aktiv sind, Veränderungen anstoßen und das Ländliche neu interpretieren, zieht es am ehesten auch weitere neue Bewohner hin.

Brauchen die ländlichen Kommunen die Menschen aus der Stadt denn?

Viele ländliche Regionen brauchen Zuzug, um dem demografischen Wandel etwas entgegenzusetzen. Viele Aspekte bestimmen die Entscheidung für einen Wohnstandort. Für Familien sind Schulen ganz wichtig, gerade ehemalige Städter schätzen eine gute Verkehrsanbindung und Mobilitätsangebote.

Ohne schnelles Internet wird es aber nicht gehen-

Sowohl für diejenigen, die schon immer auf dem Land leben, als auch für diejenigen, die aus der Großstadt wegziehen, gehört eine schnelle Datenleitung neben der Nähe zur Natur inzwischen zu den wichtigsten Kriterien bei der ländlichen Wohnortwahl.

Foto: Berlin-Institut

Susanne Dähner ist seit 2016 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung.

Liegt die Zukunft ländlicher Räume darin, dass sie urbaner werden?

Dörfer sollten auf alle Fälle ihre Ländlichkeit behalten, das macht für viele langjährige und zugezogene Land­be­woh­ne­r ja ihren Reiz aus. Aber sie sollten sich auch offen zeigen für neue Entwicklungen aus den Städten.

Wer träumt denn vom Leben auf dem Dorf?

Viele Ver­tre­te­r der neuen Landlust stammen aus einem akademischen Milieu. Aber die Wanderungsstatistiken zeigen auch, dass tatsächlich wieder vermehrt Familien in ländliche und kleinstädtische Umfelder ziehen. Vielleicht werden zukünftig die oft gezeichneten Gegensätze zwischen Stadt und Land kleiner.

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