Tarifverhandlungen mit Airbus: Bruchlandung verhindert

Die IG Metall Küste und Airbus haben einen Kompromiss gefunden. Die Standorte und ihre Beschäftigten sind bis Ende 2030 gesichert.

Mitarbeiter beim Warnstreik auf dem Airbus-Gelände

Die Möglichkeit eines Arbeitskampfs mit längerfristigen Streiks bei Airbus stand im Raum Foto: Bodo Marks/dpa

Mehr als 18 Stunden dauerte die letzte Verhandlungsrunde. Am Dienstagmorgen gegen 5 Uhr war in Hamburg dann erzielt, was Daniel Friedrich, Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall Küste, ein „gutes und ausgewogenes Ergebnis“ nennt: „Wir sichern die bestehenden Arbeitspakete, Beschäftigung und Standorte und bringen sie gemeinsam in die Zukunft.“

Vergangenen Sommer hatten die Auseinandersetzungen der Gewerkschaft mit Airbus begonnen, ausgelöst durch Umbaupläne für die zivile Flugzeugstrukturfertigung. Es ging um eine Aufspaltung des Konzerns, um Auslagerungen in neue Gesellschaften, um Garantien für die Beschäftigten.

Zehntausende Airbus-MitarbeiterInnen hatten sich in Warnstreiks Gehör verschafft. Die Tarifrunden-Infos der IG Metall waren mit einer roten Faust aus Flugzeugteilen illustriert: „Ein Flugzeug – ein Team. Zukunft geht nur gemeinsam!“ Die Möglichkeit eines Arbeitskampfs mit längerfristigen Streiks stand im Raum. Massiver Widerstand, in dem Friedrich eine der Voraussetzungen der jetzigen Einigung sieht: „Nur mit dem Druck aus der Belegschaft war dieses Ergebnis möglich.“

In der siebten Verhandlungsrunde war es soweit: Es fand sich eine Lösung. Ihre Kernergebnisse: Die Produktion von Airbus in Deutschland wird neu strukturiert. Aber bis Ende 2030 gibt es keine betriebsbedingten Kündigungen. Bis Ende 2030 bleiben die Standorte erhalten, inklusive Investitionen zu ihrer Weiterentwicklung. Zudem wird das Equal-Pay-Modell in der Leiharbeit weitergeführt, das besagt, dass Leiharbeiter das Gleiche verdienen wie Festangestellte. Die Leiharbeit selbst ist auf 13 Prozent gedeckelt.

„Gute Lösung“

Auch für eines der größten Konfliktfelder ist eine Regelung gefunden: Für den geplanten Verkauf der Werke Augsburg und Varel gibt es keine Investorenlösung ohne Zustimmung der IG Metall. Kommt keine Investorenlösung zustande, werden Augsburg und Varel bis spätestens 2025 in ein neues Tochterunternehmen für die Montage von Flugzeugrümpfen und -strukturen überführt, das derzeit in Planung ist – Airbus-intern heißt es ASA.

„So was ist natürlich immer ein Kompromiss“, sagt Heiko Messerschmidt, Sprecher der IG Metall Küste, zur taz. „Aber wir sehen das insgesamt positiv. Wir sind zufrieden.“ Jetzt gelte es, die „Stimmungslage der Beschäftigten“ herauszufinden.

Auch Airbus-Sprecher Daniel Werdung spricht von einer „guten Lösung für alle, für den Arbeitgeber, die ArbeitnehmervertreterInnen, die Beschäftigten“. Die Investorenlösung in Varel und Augsburg sieht er auf einem soliden Weg: „Die Muhr und Bender KG hat ja ein gutes Angebot vorgelegt, darin sehen wir eine gute Perspektive.“ Gemeinsam mit der IG Metall werde das jetzt geprüft.

Der Kompromiss sei „eine gute Grundlage“, sagt Holger Junge, Konzernbetriebsratschef von Airbus, um „am Flugzeug der Zukunft zu arbeiten“. „Flugzeugbau der Zukunft“: Genauso sagt das auch Dominik Asam, Finanzvorstand von Airbus. Er spricht von „intensiven Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern zur industriellen Neuaufstellung in Deutschland“.

Sie haben gewonnen

Zukunft: das Zauberwort aller Beteiligten. Aber diese Zukunft ist kompliziert. Das Geflecht von Airbus ist weitverzweigt, und alles hängt mit allem zusammen, von der Einzelteil- und Baugruppenfertigung von Premium Aerotec, zu der Augsburg und Varel gehören, bis zur Gründung des neuen Sektionsmontage-Unternehmens Airbus Atlantic.

Die Einigung mit der IG Metall ist für Asam ein „wichtiger Schritt in Richtung unseres Ziels, Pionier einer nachhaltigen Luftfahrt zu werden“. Es gelte, „den Bau emissionsfreier Flugzeuge bis 2035 vorzubereiten“.

So sehr sich die Frage stellt, ob der starke Produktionsanstieg, mit dem Airbus für die kommenden Jahre rechnet, vor dem Hintergrund der Klimakrise ökologisch wirklich wünschenswert ist: Airbus-Beschäftigte, die zukünftig vom Nordufer der Elbe zur Airbus-Start- und Landebahn in Finkenwerder hinüberschauen, auf ihrem Spaziergang im Jenisch- oder im Hirschpark, brauchen derzeit nicht mehr die Faust in der Tasche zu ballen. Sie haben gewonnen.

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