Mitarbeiter*innen wehren sich: Protest gegen Airbus-Zerschlagung
Der Flugzeugbauer gliedert Teile der Montage aus. Details gibt es am 19. Mai. Die Beschäftigten fürchten den Verkauf neuer Gesellschaften.
Hamburg taz | „Heute Kern, Morgen Tochter, übermorgen verkauft?“ – unter dieser Fragestellung lud am Dienstag der Airbus-Betriebsrat die Mitarbeiter*innen des Luftfahrtkonzerns zu gleich zwei Betriebsversammlungen mit Protestcharakter auf dem Airbus-Werksgelände in Hamburg-Finkenwerder. Mehrere hundert Airbus-Mitarbeiter*innen nahmen an dem „Aktionstag“ teil. Ähnliche Veranstaltungen fanden zeitgleich auch an den anderen norddeutschen Standorten in Bremen und Stade sowie bei der Airbus-Tochter Premium Aerotec in Nordenham und Varel statt.
Der Grund für die Proteste: Das Airbus-Management hatte am 21. April angekündigt, Teile der Produktion in zwei neue Gesellschaften auszugliedern: Ein neues Unternehmen für die Einzelfertigung und eine neue Tochtergesellschaft für die sogenannte Strukturmontage. Am Montag aber wurde nach Angaben der IG Metall bekannt, dass auch Teile der Endmontage outgesourct werden sollen.
Mit dieser Auslagerung von dann bis zu 4.100 Arbeitsplätzen, will der pandemiebedingt angeschlagene Flugzeugbauer wieder wettbewerbsfähiger werden. Der Hamburger IG-Metall-Vorstand hingegen glaubt: „Die Spaltung der Standorte führt nur zu mehr Bürokratie, mehr Kosten und weniger Arbeitsplatzsicherheit.“
Zudem befürchten Gewerkschaft und Betriebsrat, dass die Ausgliederung und der eventuelle Verkauf von Fertigungseinheiten auch zur Verlagerung von Produktionsaktivitäten führen könnte – etwa nach Asien, wo die Lohnkosten wesentlich geringer sind. „Einer Zerschlagung und einem Verkauf von Teilen des Konzerns erteilen die Beschäftigten eine deutliche Absage“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, auf der Betriebsversammlung in Finkenwerder.
Nach den Stellenstreichungen kommt die Umstrukturierung
Airbus-Gesamtbetriebsrat Jan-Marcus Hinz lehnt die Ausgliederungspläne der Konzernführung vehement ab. Er fordert stattdessen einen „Ausbau der Kernkompetenz und Investitionen in die Zukunft“ an den norddeutschen Standorten. Da die Details der Umstrukturierung noch nicht auf dem Tisch liegen, ist bislang unklar, in wieweit bestehende Tarifvereinbarungen, Mitarbeiter*innenrechte und Kündigungsschutz ausgehebelt werden könnten.
Das Airbus-Management will sich erst am 19. Mai, an dem es mit dem Europäischen Gesamtbetriebsrat des Konzerns konferiert, konkret und detaillierter zu seinen Plänen äußern.
Statt Ausgliederung von Teilen der Produktion in neue, dann einzeln verkäufliche Gesellschaften, fordert der Betriebsrat einen „Zukunftstarifvertrag zum Ausbau und zur Absicherung unserer Standorte“. In Norddeutschland beschäftigt Airbus noch immer rund 15.000 Menschen und ist damit einer der größten Arbeitgeber.
Doch die Pandemie und der damit verbundene starke Rückgang des Luftverkehrs haben auch für Airbus Konsequenzen. Zahlreiche Airlines haben ihre Flugzeugbestellungen storniert. So hat der Konzern 2020 einen Verlust von 1,13 Milliarden Euro eingefahren. Schon im vergangenen Jahr hat Airbus daher angekündigt, dass allein in Norddeutschland mehr als 2.200 Stellen wegfallen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es aber nicht geben. Nach Angaben der IG Metall haben bereits mehr als 1.000 Beschäftigte in Finkenwerder, Stade, Bremen und Buxtehude ein Angebot zum freiwilligen Verlassen der Firma angenommen.
Die Talsohle ist durchschritten
In der zweiten Hälfte des laufenden Jahres will das Unternehmen die Produktion wieder etwas steigern. Bis wieder das Niveau von vor der Krise erreicht ist, dauert es nach Einschätzung von Airbus-Chef Guillaume Faury aber noch zwei bis vier Jahre.
Doch es gibt auch Ökonomen, die davon ausgehen, dass der Klimakiller Flugverkehr aufgrund zunehmender Klimasensibilität und digitaler Kommunikation nie wieder alte Wachstumszahlen erreichen wird, zumindest nicht bis das emissionsfreie Flugzeug Wirklichkeit wird.
Leser*innenkommentare
17900 (Profil gelöscht)
Gast
So ist das im Kapitalismus!
Da hilft vorerst nur, sich massiv zu wehren.
St. Florians-Prinzip darf nicht geduldet werden.