Olympische Winterspiele in Peking: Seoul gegen diplomatischen Boykott

Südkorea will Diplomaten zu den Winterspielen nach Peking schicken. Denn China soll wegen dessen Einflusses auf Nordkorea hofiert werden.

Südkoreanische Eisschnellläuferinnen rutschen

Rutschiges Ter­rain:­auf die Eisschnelläuferinnen folgen Diplomaten aus Südkorea nach Peking Foto: Mark Schiefelbein/ap

BERLIN taz | Trotz Drucks aus den USA will Südkoreas linksliberale Regierung die Olympischen Winterspiele in Peking, die am 4. Februar beginnen, in keiner Form boykottieren. Anders als das konservativ regierte Nachbarland Japan plant Südkorea, eine Delegation von Diplomaten nach China zu senden, berichtete kürzlich die englischsprachige Korean Times.

Vielmehr will Südkorea sogar seine strategische Partnerschaft zu China weiter ausbauen. Südkorea hofft darauf, China als wichtigen Verhandlungspartner in Bezug auf Nordkorea und dessen Atomwaffenprogramm zu gewinnen. Denn der Regierung in Peking kommt in dem innerkoreanischen Konflikt, der seit gut 70 Jahren andauert, eine Schlüsselrolle zu.

So bekommt Nordkorea mit seinem diktatorischen Machthaber Kim Jong Un nebst politischer auch immer wieder finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung aus China. Ohne Devisen aus China ist das bitterarme stalinistisch geführte Regime nach Meinung von Experten kaum überlebensfähig.

Südkorea signalisiert Peking mit dem Festhalten an der Entsendung von Diplomaten zu den Winterspielen, dass es sich gegen den langjährigen Bündnispartner USA stellt. Diese hatten von ihren Partnern gefordert, die Winterspiele diplomatisch zu boykottieren, und hatten dies von Südkorea, dessen Sicherheit auch dort stationierte US-Soldaten absichern, auch erwartet.

Seoul will Peking in den innerkoreanischen Prozess einbinden

Doch Südkorea erhofft sich von China, dass Peking auf Nordkoreas Diktator Kim Jong Un gezielt einwirkt und ihn an den Verhandlungstisch zurückbringt. Dahinter steckt das Ziel, dass Südkorea Peking mehr und mehr in den innerkoreanischen Friedensprozess einbinden möchte, um so irgendwann den festgefahrenen innerkoreanischen Konflikt endgültig beenden und die Region stabilisieren zu können.

Da Südkorea selbst Gastgeber der letzten Olympischen Winterspiele in Pyeongchang 2018 war, schickt es sich an, auch bei den nächsten Spielen diplomatische Präsenz zu zeigen und sich als guter Ex-Gastgeber zu präsentieren. Dass die Haltung gegenüber Peking derzeit generell eher positiv ist und auf Annäherung steht, liegt sicher auch daran, dass Seoul weiß, dass China bei einem Boykott zurückschlagen könnte. Denn das könnte Koreas Wirtschaft und Handel nachhaltig treffen.

Südkoreas Präsident Moon Jae In und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping hatten zudem 2021 das zurückliegende Jahr als koreanisch-chinesisches Kulturjahr ausgerufen, auch wenn bisher noch fraglich ist, ob dabei tatsächlich relevante Partnerschaftsprojekte entstanden sind. Aber auch das Komitee für zukunftsorientierte Entwicklung in den Beziehungen von Korea und China hat kürzlich einen Zukunftsreport über gemeinsame Visionen für eine künftige Zusammenarbeit ausgearbeitet.

Vor diesem Hintergrund stehen die Zeichen in Seoul und Peking eher auf Annäherung als auf Boykott. Dabei steht noch nicht fest, ob auch eine Regierungsdelegation mit nach Peking reisen wird, abgesehen von den Komplikationen der Coronapandemie.

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