: Belastbare Daten erst im Januar
Bund und Länder wollen die Omikron-Variante eindämmen. Doch unvollständige Covid-Infektionszahlen erschweren die Risikoabschätzung
Von Jörg Wimalasena
Es gehört zum Ritual der Coronakrise, dass die deutsche Öffentlichkeit täglich mit einer Mischung aus Sorge und Hoffnung auf die Inzidenzwerte blickt. Das Robert-Koch-Institut (RKI) gab am Donnerstag den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche mit 207,4 an. Am Vortag hatte der bundesweite Wert noch bei 205,5 gelegen.
Doch verlässlich sind diese Zahlen nicht, wie nicht nur das RKI selbst einräumt, sondern auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker schätzte bereits am Mittwoch, dass die Infektionszahlen zwei- bis dreimal so hoch sein dürften, wie offiziell ausgewiesen. Der Grund: weniger Tests in Praxen und am Arbeitsplatz über die Feiertage und langsamere Meldungen von Testergebnissen an die Gesundheitsämter.
Der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, nannte es „mehr als peinlich“, dass Deutschland über die Feiertage keine validen Zahlen habe. „Wir haben ein riesiges Digitalisierungsproblem nach wie vor“, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk. Eine Kritik, die sich Karl Lauterbach offenbar zu Herzen genommen hat. „Ich arbeite daran, dass ich Zahlen liefere, mit denen man arbeiten kann“, sagte er am Mittwochabend. Zur Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 7. Januar solle es dann „sehr zuverlässige Zahlen“ zur Coronalage geben.
Klaus Holetschek, CSU
Das Fehlen zuverlässiger aktueller Daten ist problematisch, weil die Verbreitung der neuen Omikron-Variante und deren Einfluss auf die Pandemielage dadurch schwerer abzuschätzen ist. Im Gespräch mit den „Tagesthemen“ prognostizierte Lauterbach eine Verdoppelung der Omikron-Fälle innerhalb von vier bis fünf Tagen. In der kommenden Woche – dann auf Basis vollständiger Daten – will der Gesundheitsminister Vorschläge zur weiteren Pandemiebekämpfung machen.
Diskutiert wird neben weiteren Kontaktbeschränkungen eine Verkürzung der Quarantänezeit für geboosterte Kontaktpersonen, um angesichts befürchteter Masseninfektionen mit der Omikron-Variante die kritische Infrastruktur aufrechterhalten zu können. Ein entsprechender Vorschlag kam vom bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Gegenüber Watson sagte er: „Wir müssen jetzt die Weichen stellen, um gut vorbereitet zu sein.“
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