Fukushima: Wasser soll abfließen

Japanische Regierung verspricht Entschädigung und erhofft sich Rückenwind von der IAEA

Die japanische Regierung und der Stromkonzern Tepco wollen das radioaktiv kontaminierte Tankwasser im AKW Fukushima ab April 2023 in den Pazifik einleiten. Vergangene Woche wurden entsprechende Pläne veröffentlicht. Lokale Industrien sollen entschädigt werden. Die Regierung will im Gegenzug für mehr Überwachung und Transparenz sorgen. Doch der Widerstand im In- und Ausland ist weiter groß. Laut einer Simulation einer Forschergruppe an der Universität Tsinghua in Shenzhen würde das eingeleitete Wasser binnen drei Jahren die kalifornische Küste erreichen.

Tokio hofft auf eine positive Bewertung durch die Wiener UN-Atomenergiebehörde (IAEA). Sie soll prüfen, ob die Wassereinleitung internationalen Sicherheitsstandards entspricht. Der für Dezember geplante Ortstermin für das IAEA-Team wurde wegen der Coronapandemie auf Januar oder später verschoben.

Bereits vor Weihnachten hatte Tepco als Betreiber der havarierten Atomanlage eine Genehmigung für die Vorbereitung der Verklappung beantragt. Darüber muss die Atomaufsichtsbehörde NRA entscheiden. Schon ab Juni will Tepco einen Abflusstunnel im felsigen Meeresuntergrund verlegen, die Austrittsöffnung soll ein Kilometer von der Küste entfernt sein. Die erlaubte Zone für Fischerei beginnt 500 Meter weiter. Außerdem sind ein Sicherheitsbecken am Tunnelanfang sowie ein Pumpenwerk für Pazifikwasser geplant. Tepco muss die 1,3 Millionen Kubikmeter aufbereitetes Wasser, so viel wie 520 volle Olympia-Swimmingpools, sehr stark mit Meerwasser verdünnen, damit die zu verklappende Flüssigkeit weniger als 1.500 Becquerel pro Liter an Strahlungsaktivität enthält.

Das Wasser in den Speichertanks stammt entweder aus den drei zerstörten Reaktoren oder es handelt sich um kontaminiertes Grundwasser, das aus den undichten Kellern der Atomanlage gepumpt wurde. Täglich fallen zusätzliche 140 Tonnen an verstrahltem Wasser an. Ein Drittel des gespeicherten Wassers wurde bis unter die Richtwerte gesäubert, zwei Drittel müsste man erneut filtern. Die Verklappung soll sich über 30 Jahre hinziehen.

Aber auch das doppelt gereinigte Wasser enthält Reste diverser Radionuklide. Das radioaktive Tritium und Carbon-14 entfernt das Filterwerk ALPS auf dem AKW-Gelände gar nicht. Die IAEA stuft Tritium in geringen Mengen als unbedenklich ein. Atomanlagen lassen daher mit Tritium kontaminiertes Kühlwasser im Regelbetrieb ins Meer ab. Die geplanten Meerwasserpumpen könnten das Tankwasser um mehr als das Hundertfache verdünnen. Greenpeace hält eine Verdünnung um das 360.000-fache auf 187 Millionen Olympia-Schwimmbäder für notwendig. Dazu verstoße Japan gegen das Seerechtsübereinkommen der UN, da Tepco die Umweltverträglichkeit der Verklappung nicht ordnungsgemäß geprüft habe, so Greenpeace-Experte Shaun Burnie. Martin Fritz