Die Wahrheit: Von der schnellen Einspritztruppe

Die Impfpflicht kommt, ein Bundeswehrgeneral leitet zukünftig die Impfkampagne. Die Vorbereitungen bei den Streitkräften laufen auf Hochtouren.

Karikatur: Ein Arzt sagt zu einem Mann, der auf einer Liege sitzt: "Na du bist ja ein ganz Feiner. Hier hast du ein Leckerli."

Illustration: Tobias Schülert

Es sind diese Bilder, die wir wohl nicht zu Gesicht bekommen: Sahra Wagenknecht, im roten Bademantel, wird an den Stöcken ihrer Hochsteckfrisur aus der Merziger Doppelhaushälfte zum Impfbus geschleift.

„Oh nein, so was wird man nicht sehen, das wäre stümperhaft.“ Generalmajor Ralf Zernikoff vom KVK schüttelt energisch den Kopf. „Wir würden eine solche Operation natürlich im Dunkeln durchführen!“

Es ist die Operation „Märzenbecher“, die in Trainingscamps wie diesem, weit draußen gelegen im niedersächsischen Schweinegürtel der Republik, vorbereitet wird. Sie soll den Freedom-Day, den die Ampelkoalition auf den Frühlingsanfang terminiert hat, mit militärischen Mitteln durchsetzen. „Wenn die Menschen nicht zur Impfung kommen wollen, muss die Impfung halt zu den Menschen kommen!“, erläutert Zernikoff seine Mission. Er freut auf diesen Einsatz im Innern: „Auf diese Weise kann sich die Deutsche Bundeswehr als besonders volksnah erweisen.“

Der Raum, in dem wir mit ihm stehen, sieht aus wie eine stinknormale Schulsporthalle und riecht auch so, nur dass die Trainierenden hier sämtlich olivgrüne Jogginganzüge tragen und Mund-Nase-Masken in Tarnfarbe sowie Latexhandschuhe in Flecktarnoptik. Dann gellt das schneidende Kommando der Ausbilderin durch die Halle: „Auf die Spritze, fertig, Stich!“

Wie angestochen

Die Sanitätssoldatinnen und Soldaten wetzen los – man möchte sagen wie angestochen –, als sei der Taliban hinter ihnen her. Nun sieht man auch, dass sie alle aufgezogene Spritzen in den Händen tragen, die sie am Ende der Bahn in hängende Sandsäcke rammen.

„Viel zu langsam!“, gellt die Ausbilderin. „Noch mal! Das muss noch viel schneller gehen! Und, Leutnant Schwester, Sie haben Herrn Sack die Spritze schon wieder ins Herz gerammt!“

„Das ist unsere schnelle Einspritzgruppe“, erläutert Oberfeldärztin Nicole Schwertfeger das Manöver. Entscheidend auf dem Weg zur Impfung seien die letzten Meter zwischen Nadel und Muskel. „Das Geheimnis eines Impferfolgs bei Unwilligen ist es, einfach schneller zu sein als der Impfling“, erläutert die erfahrene Feldärztin. „Und wir haben nur die besten! Hier sind all die Soldatinnen und Soldaten, die in Afghanistan am schnellsten wegrennen konnten.“

Mit Sturmhaube und Hauspritze

Dunkel getarnte Einsatzkräfte, die um uns herum mit Sturmhauben und Spritzen quer im Mund, flach und lautlos über den Boden robben, lassen uns erahnen, dass die letzten Meter zu Oberarm oder Unterschenkel auch noch auf anderem Wege überwunden werden sollen.

In der auch nicht besser riechenden Sporthalle nebenan wird ebenfalls trainiert. Wir wissen nicht, ob es sich um einen Betriebsunfall der militärischen Öffentlichkeitsarbeit oder einen gezielten Leak zu Abschreckungszwecken handelt, jedenfalls gewährt uns Generalmajor Zernikoff noch weitere Einblicke in die militärischen Geheimplanungen des Kommandos Vakzinalkräfte.

Aufgrund eines militärischen Austauschprogramms mit der Republik Peru ist zurzeit eine Gruppe von Amazonasindianern vom Stamm der Ticuna zu Gast in der Kaserne, und wir werden Zeuge, wie drei indigene Männer in traditioneller, aus viel Stroh und Nichts bestehender Tracht, deutsche Bun­des­wehr­sol­da­t*in­nen in die hohe Kunst der lautlosen Jagd per Blasrohr einweisen. Ergriffen lauschen die trainierten Spezialkräfte, mit Behelfsblasrohren aus PVC-Wasserrohren ausgestattet, den eindrucksvollen Lauten einer ihnen und uns völlig unbekannten Sprache, nur einmal glauben wir, „Biontech“, „Moderna“ und – mit merkwürdigem Respekt „Sputnik, Sputnik“ rauszuhören.

Curare, kommt von heilen

Dann übernimmt der Übersetzer, und in der Tat: Wo im Regenwald das legendäre Pfeilgift Curare aufgetragen wird, könnten demnächst mRNA-Vakzine unwillige Impflinge kurieren. Zernikoff berichtet von ähnlichen Austauschprogrammen mit indigenen Kriegern aus Kolumbien, Borneo und Papua-Neuguinea.

Ein bisschen fühlen wir uns inzwischen wie im Geheimlabor von Q in einem beliebigen James-Bond-Film; spätestens als uns ein Stabsveterinär dressierte Hauskatzen vorführt, deren Krallen mit Impfstoffen präpariert wurden. „Wir gehen davon aus, dass Ungeimpfte zurzeit unter der 2G-Isolation so sehr leiden, dass sie das Angebot zutraulicher Streunerkatzen sehr gerne annehmen werden“, erklärt Oberfeldärztin Schwert­feger die possierliche Strategie der vakzinalen Kriegsführung. „Und wer wurde noch nie von einer Katze gekratzt?“

Aufgeschreckt durch dumpfe Kommandoschreie, linsen wir durch den Spalt einer Tür in die Lagerhalle nebenan. Dort stehen drei gemauerte Schornsteine mittig im Raum. Gerade springen drei als Weihnachtsmänner getarnte Stabsärzte aus den provisorisch gebauten Kaminen heraus und hechten mit gezogenen Spritzen auf Sandsäcke zu, die um einen schmucklosen Weihnachtsbaum gruppiert sind.

„DAS haben Sie nicht gesehen!“, beschwört uns Schwerdtfeger und zieht mit einem Ruck die Tür zu. Es gibt augenscheinlich weitere Geheimpläne, die man der Öffentlichkeit noch vorenthält. So wollen Zernikoff und Schwertfeger auch nicht kommentieren, ob es Zufall ist, dass zurzeit an auffällig vielen Bundeswehrstandorten Dartturniere in den Kasernen stattfinden. „Kein Kommentar.“

Aber wird man mit diesen Maßnahmen radikale Impfgegner wirklich erreichen: Schwurbler, Querdenker, Rechtsradikale? „Aber natürlich!“, antwortet Zernikoff fest entschlossen, „ich war vorher zehn Jahre beim Kommando Spezialkräfte. Glauben Sie mir, mit Nazis kenn ich mich aus!“

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