Neues Video von Radiohead: Quer durch die Nachbarschaft gejagt

Die Band Radiohead veröffentlicht nach einer Online-Fankampagne den Song „Follow me around“ und preist ihn mit einem sehenswerten Video an.

Radiohead sitzen im Jahr 2001 in einem Hotel-Konferenzraum

Wo ist die drohne? Radiohead sitzend 2001 in einem Hotelkonferenzraum Foto: John Spinks

Noch nicht einmal auf der Toi­lette hat er seine Ruhe. Im Badezimmer fängt das Theater erst richtig an. Dort setzt sich dieses Ding, das man das ganze Video über nie zu Gesicht bekommen wird, an ihn dran, fast schon auf ihn drauf: Der Protagonist im neuen Video der britischen Band Radiohead wird gepiesackt. Von einem ’nem Ding, das fliegen kann wie eine Stubenfliege mit ADHS.

In die Wohnung jenes Mannes, gespielt vom australischen Schauspieler Guy Pearce, der anfangs noch verschlafen im blauen Morgenmantel umhertapert, gelangt es durch ein geöffnetes Fenster.

Davor quetscht es sich unter Zaunpfählen durch, später witscht es durch einen Briefschlitz. Im Wohnungsinneren nimmt es die Verfolgung auf, wird immer aggressiver. Vorm Bügelbrett steht der Mann, als er erstmals bemerkt, dass da etwas ist, etwas oder jemand, das hinter ihm her ist – und ihn schließlich in den Wahnsinn oder zumindest einmal quer durch die Nachbarschaft und in fremde Autos jagt.

Ein Verfolgter im Morgenmantel

Verfolgungswahn und Paranoia treiben Radiohead ja schon länger um. Warum eigentlich? Der Mann im Morgenmantel könnte ein Verwandter jenes Typen sein, der sich im Video zu „Karma Police“ (1997) von einem geisterhaft bewegten Auto bedrängen lässt. Oder von dem Zeitungsleser aus dem Video zu „Man of War“ (2017), dem sich urplötzlich Leute an die Fersen heften.

Radiohead: „Follow me around“ (XL/Beggars/Indigo)

Alle drei wirken sie auf den ersten Blick betont durchschnittlich, haben aber irgendwie doch nicht alle Tassen im Schrank. Oder nicht alle Klamotten im Schrank – in „Follow Me Around“ baumeln die vielmehr an der Badewanne oder türmen sich rund um die Waschmaschine.

Das neue Video stammt von den britischen Regisseuren Christopher Barrett und Luke Taylor, die sich als Duo Us nennen, und bereits für die Rolling Stones und Jack White gearbeitet haben. Auch schon für Thom Yorke, als sie noch studierten. Auch daran schließt „Follow Me Around“ an – und ist doch letztlich vor allem wegen der Art und Weise, wie es gefilmt wurde, bemerkenswert, wegen der grisseligen Bilder, die fast so wirken, als stammten sie aus einem Camcorder-Heimvideo aus den 1990ern.

Schwindelerregende Kameraführung

Die Kameraführung aber verrät, dass es nicht so ist. So schwindelerregend und rasant inszeniert ist die, dass man vom bloßen Zuschauen schon ein flaues Gefühl im Magen bekommen oder gar selbst irre werden könnte.

Auf Instagram haben Us kürzlich erklärt, wie sie das gemacht haben: Gedreht wurde „Follow Me Around“ mit einer handtellerkleinen FPV-Drohne, nicht fürs Filmen entwickelt, sondern als Spielerei für Neulinge oder auch Kinder. Schnell fliegen kann diese, HD-Bilder liefern nicht. „Follow Me Around“ stammt aus dem aktuellen Album von Radiohead, dem neuen alten.

„Kid A Mnesia“ ist eine Neuauflage der beiden ikonischen Radiohead-Alben „Kid A“ (2000) und „Amnesiac“ (2001), die zum 20. Jubiläum gekoppelt und ergänzt von bislang unveröffentlichten Tracks erneut erhältlich sind. „Follow Me Around“ ist einer davon, ein ziemlich legendärer sogar, ein Akustikgitarrensong, der gar nicht besonders aufregend, aber eben ziemlich eingängig klingt.

Erstmals zu hören war er im Radiohead-Film „Meeting ­People Is Easy“ (1998). Ab und an wurde er live gespielt, doch nie offiziell herausgebracht, obwohl Fans sogar per Onlinekampagne darum baten. Jetzt haben Radiohead schließlich doch nachgegeben.

Es gab eben auch für sie am Ende kein Entrinnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.