Frankreich gibt Benin etwas Raubkunst zurück

Präsident Patrice Talon nimmt von seinem Besuch bei Emmanuel Macron 26 historische Objekte, die französische Truppen 1892 aus seinem Land raubten, mit nach Hause

Benins Präsident wirkt ganz ergriffen bei der Begrüßung durch seinen französischen Gastgeber Foto: Sarah Meyssonnier/reuters

Aus Cotonou Katrin Gänsler

Sie werden schon lange in Benin erwartet: 26 Objekte, die Frankreich während des zweiten Krieges gegen Dahomey im Jahr 1892 – das Königreich lag damals im heutigen Benin – geraubt hatte. Darunter befinden sich der Thron von Gezo, der Dahomey von 1818 bis 1858 regierte, Statuen aus Holz sowie Zepter und tragbare Altäre. Zum Abschied waren sie Ende Oktober einer Woche lang in einer Sonderschau im Pariser Museum Quai Branly zu sehen. Seit Sonntag ist Benins Präsident Patrice Talon in Frankreich, um die Artefakte offiziell in Empfang zu nehmen. Nach der Übergabe­unterzeichnung am Dienstag sollen sie am Mittwoch in einem Frachtflugzeug nach Benin gebracht werden.

Die Objekte sind für den westafrikanischen Küstenstaat mit 13 Millionen Ein­woh­ne­r*in­nen von großer Bedeutung, stammen sie doch aus den Königspalästen von Abomey, Hauptstadt des einstigen Königreichs Dahomey. Es wurde im 17. Jahrhundert gegründet. Letzter Herrscher war Ende des 19. Jahrhunderts Béhanzin. Er kämpfte gegen die französischen Eroberer unter General Alfred-Amédée Dodds und musste im Jahr 1894 schließlich kapitulieren. Das einstige Dahomey wurde Teil des französischen Kolonialreichs, die kleinste Provinz von Französisch-Westafrika.

Viel ist in der alten Heimat für die 26 Artefakte noch nicht fertig. Das neue Museum, das eigens für sie gebaut wird, steht noch nicht. Mit dem Bau verbunden ist die Sanierung der Königspaläste, die seit 1985 zum Weltkulturerbe der Unesco gehören. Die Anlagen sind in die Jahre gekommen. Deswegen werden die Objekte zunächst im Städtchen Ouidah ausgestellt. Dort wurde gerade das portugiesische Fort aus dem Jahr 1721 renoviert, in dem das historische Museum untergebracht ist.

Talon hatte bereits 2016 – er war gerade zum ersten Mal zum Präsidenten gewählt worden – die Rückgabe der geraubten Kunstgegenstände gefordert. Rund fünf Monate musste er auf eine Antwort der Regierung des damaligen französischen Präsidenten François Hollande warten, die schließlich ablehnte. Die Objekte seien „seit langer Zeit, manchmal seit mehr als einem Jahrhundert, in das französische Gemeingut integriert“.

Die Debatte eröffnete Hol­landes Nachfolger Emmanuel Macron im Jahr darauf bei seinem Besuch im November 2017 in Burkina Faso neu. Es könne nicht sein, dass „ein großer Teil des kulturellen Erbes mehrerer afrikanischer Länder in Frankreich“ sei, sagte er während eines Vortrags an der Universität Joseph Ki-Zerbo in Oua­gadougou. Das läutete die Rückgabe geraubter Kulturgüter aus Frankreich nach Afrika ein.

Es wird geschätzt, dass französische Museen etwa 90.000 Objekte aus Afrika in ihren Sammlungen haben

Senegal hat bereits einen Säbel des Islamgelehrten und Herrschers Omar Saidou Tall erhalten, der einst zur Sammlung des französischen Militärmuseums gehörte. Er war schon vor der offiziellen Übergabe 2019 in der Hauptstadt Dakar zu sehen gewesen. Offiziell stimmte die französische Nationalversammlung im Dezember 2020 einem Gesetz zu, das die Restitution der Dahomey-Artefakte binnen eines Jahres fordert.

Dennoch bleiben fast alle von den kolonialen Eroberern aus Afrika geraubten Artefakte aber weiterhin in Frankreich. Es wird geschätzt, dass französische Museen etwa 90.000 Objekte aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara in ihren Sammlungen haben, den größten Teil davon im Museum Quai Branly.

Macrons Vorstoß erhöht auch den Druck auf Museen, Universitäten und Kirchen, die Artefakte aus dem einstigen Königreich Benin besitzen. Dieses liegt im heutigen Nigeria und wurde 1897 von den Briten erobert. Auch Deutschland hat nach langen Verhandlungen zugesagt, Eigentumsrechte an Benin-Bronzen rückzuübertragen.