Online-Plattformen in China: Ein Land schließt die Pforten
Mit Linkedin zieht sich die letzte westliche Online-Plattform aus China zurück. Die Volksrepublik schottet sich immer mehr vom Rest der Welt ab.
Doch in Wirklichkeit geschieht seit Jahren das exakte Gegenteil. Die Volksrepublik schließt ihre Pforten und kappt zunehmend die Verbindungen zum Ausland.
Jüngst zeigt sich dies am Beispiel LinkedIn: Die Online-Plattform fürs berufliche Netzwerken hat ebenfalls am Donnerstag bekanntgegeben, dass sie ihre chinesische Version aufgrund des zunehmenden Drucks der Zensurbehörden schließen wird. Vize-Präsodent Mohak Shroff schrieb euphemistisch von einem „deutlich schwierigeren Arbeitsumfeld und höheren Compliance-Anforderungen in China“.
Was wie eine triviale Randnotiz klingt, hat symbolischen Charakter: Das Karriere-Netzwerk war die letzte große Online-Plattform aus dem Westen, die in China noch zugänglich war. Facebook ist seit Jahren zensiert, Twitter, Instagram und Whatsapp ebenso. Auch Twitch, Snapchat, Gmail und Slack sind in China gesperrt. Selbst Skype und Tinder lässt sich in China nur installieren, wenn man über ein im Ausland angemeldetes Apple-Konto verfügt.
Profile über Nacht gesperrt
LinkedIn ist dabei nur die unweigerliche Blaupause für künftig wohl jedes größere internationale Unternehmen mit Präsenz in China. Bereits im März geriet der Online-Dienst von Microsoft wegen angeblich „zu laxer Inhaltskontrollen“ ins Kreuzfeuer der Behörden. Vorübergehend durfte Linkedin keine neuen User mehr in der Volksrepublik registrieren.
Als dies dann wieder möglich war, ging es mit einer beispiellosen Selbstzensur einher: Etliche Profile von westlichen Wissenschaftlern, Journalisten und Aktivisten wurden über Nacht in China gesperrt. Allein die Erwähnung des Tiananmen-Massakers von 1989, die Menschenrechtsverbrechen an den Uiguren in Xinjaing oder kritische Worte gegenüber Xi Jinping reichten, um auf die schwarze Liste zu kommen.
Schlussendlich geriet Linkedin ungewollt, aber unweigerlich, in einen geopolitischen Konflikt: In China stand man unter zunehmendem Druck der Behörden, während sich im Westen ein gehöriger Shitstorm zusammenbraute, weil sich Microsoft der chinesischen Zensur beugt.
„Soziale Netzwerke, die in China operieren, geraten zunehmend in die unmögliche Sackgasse zwischen chinesischen Zensurregeln und westlichen Werten“, meint Kendra Schaefer von der Politikberatung Trivium China. „Ehrlich gesagt ist es ein Wunder, dass LinkedIn in China so lange überlebt hat“.
Vielen Unternehmen gelingt der Drahtseilakt in China immer weniger: Adidas wurde monatelang boykottiert, nachdem der Sporthersteller angekündigt hat, aufgrund von möglicher Zwangsarbeit keine Baumwolle in der Region Xinjiang mehr beziehen zu wollen.
Fußballclubs wie der FC Bayern müssen ihren Spielern Maulkörbe verpassen, auf Twitter bloß nicht über Chinas Menschenrechtsverbrechen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren zu posten. Und bei Mercedes hat ein bloßer Instagram-Post mit einem Dalai Lama Zitat gereicht, dass die Vorstandsetage den Kotau in Peking machte.
Kaum Ausländer in China
Es ist ein gefährlicher Trend, der sich immer weiter verschärft: China schließt seine Pforten – nicht nur mit einem streng abgekoppelten Internet, das sich fast nur mehr als Intranet bezeichnen lässt. Auch innerhalb der Wirtschaft hat Chinas Staatsführung die Kontrolle erhöht und seinen Unternehmen Börsennotierungen in Übersee deutlich erschwert.
Vor allem aber gibt es seit Ausbruch der Pandemie keinen nennenswerten menschlichen Austausch zwischen China und dem Rest der Welt. Seit der Covid-19-Pandemie hat sich die Anzahl an Ausländern noch einmal halbiert, dabei lebten bereits vor der Krise mehr Ausländer in Belgien als unter den 1,4 Milliarden Chinesen. Selbst Staatschef Xi Jinping hat seit über zwei Jahren sein Heimatland nicht mehr verlassen und empfängt Staatschefs nur mehr per Videoschalte.
Natürlich will sich China nicht vollständig abkoppeln, jedoch zunehmend die Bedingungen für den Dialog bestimmen. Auch LinkedIn wird sich nicht ganz aus der Volksrepublik verabschieden: Mit InJobs wird man einen Relaunch starten, bei dem die Nutzer zwar von HR-Scouts rekrutiert werden können, aber selbst keine Postings mehr schreiben dürfen.
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