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Junge Leute unter 18 dürfen nicht wählenFragt uns!

Natürlich haben viele Jugendliche eine klare politische Meinung. Doch sie dürfen nicht mitwählen. Die taz hat bei Schü­le­r*in­nen nachgefragt.

Geht doch! Zumindest in Magdeburg tagt das Jugendparlament – es soll Interesse an Politik wecken Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Berlin taz | Jugendliche sind von Po­li­ti­ke­r*in­nen oft enttäuscht – am deutlichsten sah man das wohl in den letzten Jahren in der Klimapolitik, die mit Fridays for Future eine breite gesellschaftliche Bewegung auf die Straße brachte. Dennoch sind an einer Pankower Oberstufe alle SchülerInnen entschlossen, am 26. September zur Wahl zu gehen, sofern sie schon wählen dürfen. Der taz erzählten die Jugendlichen, welche Themen sie bewegen und was ihre Wahlentscheidung beeinflusst.

Die Obers­tufen­schü­le­r*in­nen sind politisch aufgeweckt, ihr Interesse reicht von der Außenpolitik Deutschlands bis hin zu Integration oder Bildungspolitik. Doch was alle 17- bis 20-Jährigen gleichermaßen bewegt ist der Klimawandel. Dazu sagt Lila: „Es ist wichtig, dass alle politische Themen im Zusammenhang der Klimakrise betrachtet werden.“

Leander macht auf die Asylpolitik aufmerksam: „Die Politik muss aus den Fehlern von 2015 lernen. Schon heute gibt es Klimaflüchtlinge und es wird mehr geben.“ Lila hat auch diese Hoffnung, denn sie findet, dass die Jugend sich durch die die Klimabewegung politisiert hat. Für die Schü­le­r*in­nen in der Runde ist diese Wahl eine der letzten Möglichkeiten, die Klimapolitik zu beeinflussen.

Nicht alle sind volljährig: Martha ist 17 Jahre alt und kann damit zwar die Bezirksverordnetenversammlung wählen, aber weder bei der Wahl des Abgeordnetenhauses noch bei der Bundestagswahl mitentscheiden. Martha sagt hierzu: „Wenn ich wieder wählen kann, bin ich 21 Jahre alt. Kein Wunder, dass bis dann politische Verdrossenheit einkehrt.“ Auch ihre Klas­sen­ka­me­ra­d*in­nen sind für das Wahlalter ab 16 und haben wenig Verständnis für das späte Wahlalter.

CDU gegen Wählen mit 16

Der Landesjugendring Berlin setzt sich seit über zehn Jahren für das Wahlalter ab 16 ein. Bisher hat jede demokratische Partei der Wahlalterssenkung zugestimmt, nur die Berliner CDU-Fraktion verhindert weiterhin eine Verfassungsänderung des Berliner Wahlrechts.

Deren parlamentarischer Geschäftsführer Danny Freymark sagt dazu: „Die Politikvermittlung in den Schulen reicht nicht aus. Die Schüler haben niemals den Bundestag oder das Parlament von innen gesehen.“ Man wolle „erst ein Jugendparlament in Berlin gründen und Schulbesuche im Abgeordnetenhaus ermöglichen.“ Da die Berliner Koalition nicht auf die Forderungen der CDU eingegangen sei, sieht die CDU erstmal keinen Bedarf, für eine Wahlalterssenkung mit zu stimmen.

Immerhin gibt es, als Beitrag zur politischen Bildung, noch die U18-Wahl. An etwa 368 verschiedenen Wahllokalen in Berlin wählten Kinder und Jugendliche bereits am vergangenen Freitag. Die vorläufigen Wahlergebnisse der Berliner Kinder zur Wahl des Abgeordnetenhaus: 25 Prozent stimmten für die Grünen, für die SPD waren 21 Prozent, für die CDU mit 12 Prozent.

Etwa 17 Prozent der jungen Wäh­le­r*in­nen entschieden sich für die Wahl einer Kleinpartei – das ist noch deutlich mehr als bei den Erwachsenen, wo der Anteil in den Umfragen derzeit bei rund 10 Prozent liegt. Das offizielle Ergebnis der U-18-Wahl und die Wahlbeteiligung werden am Montag verkündet.

Eine eigene Meinung

Unterhält man sich mit den Pankower Ober­stu­fen­schü­le­r*in­nen wird schnell klar: Fast alle von ihnen haben ein politisches Interesse und eine eigene Meinung – doch kaum ei­ne*r setzt sich aktiv für diese eigene politische Meinung ein. Es gibt zwar Schul-AGs, in denen die Schü­le­r*in­nen sich engagieren können, wie beispielsweise die neugegründete Schulzeitung. Jedoch finden diese AG's in der Freizeit statt. Genau dann, wenn die Jugendlichen Hausaufgaben machen oder für die nächste Kursarbeit lernen müssen.

Politische Bildung werde stiefmütterlich behandelt, heißt es von einem Lehrer der Schule, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Die Lehrerschaft müsse eigeninitiativ handeln, um Partizpation zu vermitteln.

Immerhin: Die am Donnerstag im Parlament verabschiedete Schulgesetz-Novelle sieht künftig eine Stunde pro Woche „Klassenrat“ für jede Jahrgangsstufe vor, als Raum für Austausch, Diskussion, Partizipation in Schul-Belangen – also nichts anderes als politische (Alltags-)Bildung.

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11 Kommentare

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  • Rechte müssen mit der Verantwortung mithalten.



    Wer kompetent genug ist die Bundesregierung zu bestimmen, der sollte auch volle Verantwortung für sein Handeln übernehmen, also die Strafmündigkeit eines 18 Jährigen.

    Beides scheint mir mit 16, im Durchschnitt, noch nicht gegeben.

    Eine andere Frage ist, ob Menschen unter 18 nicht auch demokratische macht erhalten sollten, diese aber, wie andere Dinge auch, zunächst von den Eltern "treuhänderisch" verwaltet wird.

    Ich würde es begrüßen wenn es ein Familienwahlrecht gäbe, bei dem die Eltern, im Sinne der Kinder, das Wahlrecht der Kinder ausüben. Das könnte bei Zukunftsthemen einen Gegenpol zur Rentnerrepublik entstehen lassen.

  • Ich bin sehr froh, dass ich als Jugendlicher noch nicht wählen durfte!

  • Ich, Grünenwähler, bin auch gegen die Asnkung des Wahlalters. Ich würde es sogar auf 21 oder 25 heraufsetzen. Ich bin allerdings auch für die Beibehaltung der Jugendschutzregelungen im Strafprozess, nach denen 21jährige u.U., und das wohl nicht selten, nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.

    ich empfinde diese ganze Wahlaltersenkungsdebatte als puren Populismus der linken Parteien. Denn natürlich haben viele Jugendliche einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn sowie Ablehnung konservativer Strömungen. Ohne sich über mögliche Folgen Gedanken zu machen. Aus meinen persönlichen Gesprächen im Freundeskreis meiner Kinder weiß ich zB, dass das Klimaproblem zwar bei ihnen angekommen ist, die Folgen einer wirksamen Klimapolitik jedoch oft nicht.

    • @Ber.lin.er:

      Sind bei Ihnen die Folgen einer wirkungungslosen klimapolitik vielleicht noch nicht angekommen?

      • @sachmah:

        Und das können minderjährige Wähler ändern, die Klimapolitik meine ich?! Glaube ich nicht, denn sie wählen ja uU die gleichen grünen Politiker wie ich es tue.

  • Klar haben viele der Jugendlichen eine eigene Meinung. Aber in dem Alter ist die eben noch nicht fundiert! Man hatte in der kurzen Zeit als bewusst lebender Mensch einfach noch nicht genügend Gelegenheit für eigene Erlebnisse und Information. Auch von der Beeinflussung anderer Personen (Eltern, Schule, Freunde, Verwandte) ist man noch ziemlich abhängig.

    Irgendwo musss eine Grenze gezogen werden! Mir erscheint 18 als ein gutes Alter dafür.

    Auch andere nicht mehr oder nicht urteilsfähige Menschen sollten nicht wählen dürfen. Ansonsten bekommen deren Betreuer undemokratisch zwei Stimmen. Natürlich fallen diese Mitbürger zahlenmäßig nich stark ins Gewicht, aber die undemokratische Vorgehensweise bleibt!

    • @fvaderno:

      Ja und nein. Im ersten Satz stimme ich zu. Als etwas Aussenstehender der Gesellschaft, als Naturwissenschaftler, finde ich jedoch bei vielen älteren Mitbürgern die Meinung alles andere als fundiert. Junge Menschen haben oft eine geringere Faktenresistenz und falls sie diese doch haben, ist das Sozialverhalten deutlich ausgeprägter.

  • Aha - Teenager sollen ab 16 wählen können, aber bis 21 gilt "Jugendstrafrecht", weil sie die Tragweite ihres Handelns nicht voll abschätzen können?



    Passt für mich nicht.



    Jemand, der die Politik des Landes mitbestimmen soll, sollte auch erkennen, dass es Unrecht ist jemanden krankenhausreif zu prügeln. Also Wahlalter runter auf 16 und bitte dann auch Erwachsenenstrafrecht ab 16.

    • @Holger Steinebach:

      Wahlrecht und Strafrecht haben nur leider mal so gar nichts miteinander zu tun. Strafmündigkeit beginnt bei 14, volle Strafmündigkeit liegt bei 21, Wählen geht ab 18. Laut Grundgesetz darf das Wahlrecht auch nicht an Bedingungen geknüpft werden.

      Und was ist mit Erwachsenen, die ebenso vom Strafrecht geschützt werden (z.B. bei Taten unter Drogen- oder Alkoholeinfluss, oder 18-21-Jährige)? Verbieten wir denen dann auch das Wählen? Die Grenzen im Strafrecht sind ein Schutz, vor Wahlen muss aber niemand geschützt werden.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Holger Steinebach:

      Oder auch ganz einfach wissen, dass man E-Roller nicht quer auf dem Bürgersteig parkt!

      • @17900 (Profil gelöscht):

        Haha, neulich vor dem Haus kam ein Herr in feinem Anzug, sein Rad schiebend, an einen eRoller. Hielt, und schubste das Ding mit einem gezielten Schlenker des Vorderrades Richtung Grünzeug. Das Problem ist also lösbar.