Wählen ab 16: Stimmen für Mitbestimmung
Die Volksinitiative „Demokratie für alle“ hat am Dienstag mehr als 25.000 Unterschriften für eine Ausweitung des Wahlrechts eingereicht.
Berlin taz | Ihr Ziel ist, mehr Menschen an politischen Prozessen zu beteiligen: Die Volksinitiative „Demokratie für alle“ hat am Dienstag genau 25.499 Unterschriften an den Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses, Dennis Buchner (SPD), übergeben. Die Gruppe wird von einem breiten Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Initiativen getragen. Die zentralen Forderungen: das Herabsetzen des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre auf Landesebene, das Wahlrecht für Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sowie die Eintragungsmöglichkeit für Volksbegehren in elektronischer Form.
Ein Ziel der Initiative ist dabei so gut wie erreicht: „Die Herabsetzung des Wahlalters bekommt voraussichtlich im Dezember die nötige Zweidrittelmehrheit“, sagte Buchner der taz. So könnten bereits die nächsten planmäßigen Wahlen 2026 mit einem veränderten Wahlgesetz stattfinden. Für die anderen Forderungen fehle laut dem Parlamentspräsidenten noch eine politische Mehrheit. Das Abgeordnetenhaus werde sich in den kommenden Monaten mit dem Anliegen befassen.
Die Initiative hat sich bewusst für eine Volksinitiative, mit der sich das Parlament beschäftigen muss, entschieden und nicht ein Volksbegehren initiiert, an dessen Ende ein Volksentscheid stehen kann. Denn, so die Argumentation von „Demokratie für alle“, sonst könnten genau jene Menschen, die künftig eingebunden werden sollen, nicht unterschreiben. Ein Volksbegehren kann nur von deutschen Staatsbürgern und Berliner Wahlberechtigen ab 18 Jahren unterstützt werden.
„Die Herabsetzung des Wahlalters bekommt voraussichtlich im Dezember die nötige Zweidrittelmehrheit“
Der ehemalige Landesschülersprecher Miguel Góngora befürwortet die Volksinitiative und setzt sich insbesondere für das Wahlrecht ab 16 Jahren ein. „Die Machtungleichheit zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden ist ein Adultismus“, erklärt er und fordert mehr Mitbestimmung. Und mehr Aufklärung: Góngora plädiert für die Einführung von „Demokratiewochen“ in Schulen. Für junge Menschen sei es wichtig, „Selbstwirksamkeit durch Partizipation“ zu erfahren.
Herkunft soll keine Rolle spielen
Doch nicht nur das Alter, sondern auch die Herkunft dürfe keine Rolle spielen, sagt Sanaz Azimipour von der Initiative: Bundesweit 10 Millionen Menschen und damit 14 Prozent der Bevölkerung seien von politischer Teilhabe ausgeschlossen. Diese Menschen wollten „nicht in den Kreis der Privilegierten aufgenommen“ werden; daher sei es das Ziel der Initiative, dieses System abzuschaffen. Laut Azimipour seien Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft durch fehlende politische Mitbestimmung besonders von Armut, Rassismus und staatlicher Gewalt betroffen.
Ein weitere Forderung der Initiative ist die Digitalisierung der Demokratie. Regine Laroche, Vorstand von Mehr Demokratie Berlin/Brandenburg, fordert einen barrierefreien Raum im Netz und sieht diesen am besten in einer zentralen Plattform realisiert. Laut Laroche ist dies eigentlich schon beschlossene Sache: Der Senat habe sich im Koalitionsvertrag zur Digitalisierung der Verwaltung verpflichtet.
Leser*innenkommentare
Hans aus Jena
Jepp, Punkt 1 und 3 dacor. Das Wahlrecht (jenseits der kommunalen Ebene) würde ich aber an der Staatsbürgerschaft gekoppelt halten. Ich kann auch nur in dem Verein mitwählen, wo ich Mitglied bin. Dafür würde ich aber die Hürden des Erwerbes des Staatsbürgerrechtes herabsetzen (z.B. Doppelstaatsbürgerschaft leichter zulassen).
Budzylein
"Adultismus" ist ja eine hübsche Wortschöpfung. So kann man auch die Gruppe der noch nicht Volljährigen als unterdrückte Minderheit halluzinieren. Aber wenn 16jährige wählen dürften: Was wäre dann mit den armen 15jähigen? Müsste man dann nicht auch deren Wahlrecht fordern, weil es sonst "Sixteenismus" wäre?
cuba libre
Wenn ich sehe, wie anfällig die Jugend für Verführungen ist, bin ich gegen eine Herabsetzung des Wahlalters.
Gerda T.
Es ist verständlich, dass Jugendliche und Nicht-Deutsche, die in Deutschland leben, hier auch mitsprechen möchten. Und dennoch habe ich Zweifel:
- im Falle der Jugendlichen, weil im denke, dass das Wahlrecht an die volle Mündigkeit und damit Selbstverantwortung gekoppelt sein sollte. Jugendliche sind rechtlich nicht voll geschäftsfähig, sondern benötigen vielfach die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten und fallen unter Jugendstrafrecht. Das hat gute Gründe! Jugendlichen wird so Verantwortung abgenommen, weil davon auszugehen ist, dass sie die Konsequenzen ihres Handelns noch nicht voll überblicken können. In meinen Augen passt ein Wahlrecht nicht dazu. Ob die Parteien, die das Wahlrecht für Jugendliche unterstützen, sich einmal überlegt haben, dass junge Leute in Zukunft auch plötzlich rechts wählen könnten? Würden sie dann immer noch das Wahlrecht für Jugendliche fordern?
- An der Entkoppelung des Wahlrechts von der Staatsbürgerschaft habe ich deshalb Zweifel, weil ich befürchte, dass dann Menschen mitwählen, die sich noch primär an Werten und Sichtweisen ihrer Herkunftsländer orientieren und bei uns noch nicht angekommen sind. Ich befürchte, dass es ihnen an Verständnis für die deutsche Demokratie und Geschichte fehlt. Ich befürchte, dass dann Konflikte ihrer Herkunftsländer nach Deutschland getragen werden.
cuba libre
@Gerda T. Bin mit ihren Ausführungen einverstanden!