Freispruch in Prozess wegen Glyphosat: Wohl kein Durchbruch für Bayer AG

Nach mehreren Schuldsprüchen fährt der Konzern einen Freispruch in Sachen Krebs durch das Pestizid ein. Eine Wende scheint das nicht zu sein.

Unkrautvernichtungsmittel Roundup, mehrere Flaschen in einem Regal

Wie gefährlich ist das? Das Unkrautvernichtungsmittel Roundup enthält Glyphosat Foto: Haven Daley/picture alliance

BERLIN taz | Erstmals hat der Chemiekon­zern Bayer einen US-Gerichtsprozess wegen möglicher Krebs­risiken seines Pestizids Glyphosat gewonnen. Ein Geschworenengericht in Kalifornien befand, dass der Unkrautvernichter nicht die Ursache der Krebserkrankung eines Jungen sei.

Bei Ezra Clark war 2016 im Alter von 4 Jahren das Burkitt-Lymphom – eine seltene Form der Krebsart Non-Hodgkin-Lymphom – diagnostiziert worden. Ezra Clarks Mutter hatte die Krebserkrankung auf das glyphosathaltige Ackergift Round­up von Bayers US-Tochterunternehmen Monsanto zurückgeführt, das sie über mehrere Jahre auf ihrem Grundstück versprüht hatte. Bislang sind drei der insgesamt vier Glyphosat-Urteile in erster Instanz mit millionenschweren Schadenersatzzahlungen zulasten von Bayer ausgegangen.

Die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) sieht die jüngste Entscheidung nicht als Wende in der Klagewelle wegen Glyphosat in den USA. „Das war ein spezieller Fall, weil das Gericht keine internen Monsanto-Unterlagen als Beweisstücke zugelassen hatte“, sagte am Mittwoch Jan Pehrke, Vorstandsmitglied der CBG, der taz. Die Dokumente würden belegen, dass das Unternehmen schon früh von Krebsrisiken gewusst habe.

Der aktuelle Fall sollte nicht hochgerechnet werden, kommentierte ein Börsenhändler die jüngste Entwicklung. Das Urteil zeige aber, dass ein Glyphosat-Prozess gegen Bayer kein Selbstläufer sei. Der Fall könnte Bayer Argumente in den Vergleichsverhandlungen bei noch ausstehenden Klagen liefern.

Auch die Aktionäre glauben offenbar nicht an einen echten Durchbruch für Bayer: Zwar trieben sie den Preis der Aktie am Mittwochmorgen zunächst um bis zu 2,7 Prozent gegenüber dem Vortagesschlusskurs in die Höhe. Dann rutschte das Papier aber ins Minus.

Klägerin prüft Berufung

Der Konzern teilte mit, das Urteil entspreche sowohl der Einschätzung der zuständigen Regulierungsbehörden weltweit als auch umfangreichen wissenschaftlichen Erkenntnissen.Ein Anwalt der Klägerin Destiny Clark, der Mutter des Kindes, erklärte, man prüfe eine Berufung.

Bei einer Niederlage in einem Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof der USA will Bayer ein Programm zum Umgang mit künftigen Schadenersatzansprüchen aufsetzen, das voraussichtlich eine Laufzeit von 15 Jahren hat. Der Konzern muss sich dann auch langfristig noch auf mögliche Klagen von Glyphosat-Nutzern in den USA einstellen. Um vorzusorgen, hat Bayer zusätzliche Rückstellungen über 4,5 Milliarden Dollar gebildet.

Die Klagewelle hatte sich Bayer mit der 63 Milliarden Dollar schweren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto ins Haus geholt. Sie hat den Aktienkurs in die Tiefe gezogen und lässt Management und Investoren schon seit 2018 keine Ruhe.

Ausgangspunkt war, dass die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation den Wirkstoff 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ bewertete. Denn mit Glyphosat gefütterte Ratten und Mäuse hatten Tumore entwickelt. Auf diese Einschätzung berufen sich die Kläger.

Bayer bezieht sich unter anderem auf die US-Umweltbehörde EPA, die Warnhinweise vor möglichen Krebsgefahren verboten hat. Aus Sicht der EPA stellt Glyphosat kein bedenkliches Risiko für die menschliche Gesundheit dar. (mit rtr/dpa)

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