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: Umweltverbände sind für Merz Demokratiefeinde

Es geht nur um 30 Sekunden der Rede, die Friedrich Merz am Donnerstagnachmittag im baden-württembergischen Bad Saulgau hielt. Aber diese 30 Sekunden sagen viel aus über sein Verhältnis zur Zivilgesellschaft. Denn darin erklärte er „alle möglichen Umweltverbände“ – namentlich nannte er Greenpeace und den Naturschutzbund (Nabu) – zu Gegnern von Demokratie und Marktwirtschaft. Die Organisationen hielten „dieses System“ für ungeeignet, und damit meinten sie „demokratische Prozesse in den Parlamenten“ und „die soziale Marktwirtschaft“, behauptete Merz, ohne irgendwelche Belege dafür zu liefern. Nachdem die taz das Zitat auf Twitter verbreitet hatte, war die Empörung groß.

Die Umweltorganisationen seien „demokratischer und vor allem unbestechlicher als so manche Partei“, erklärte Kai Niebert, Präsident des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring. „Diese vollständig haltlosen Anwürfe von Herrn Merz sind beleidigend und rufschädigend“, schrieb Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger – und verlangte eine Entschuldigung von Merz und CDU-Parteichef Armin Laschet, der Merz kürzlich in sein sogenanntes Zukunftsteam berufen hatte. Eine Reaktion darauf gab es zunächst nicht. Auch die taz-Anfrage nach einer Stellungnahme blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Wie Merz zu seiner Aussage kam, bleibt darum offen; eventuell steht sie im Zusammenhang mit der Forderung nach „System Change“, die aus der radikaleren Klimaschutzbewegung erhoben wird, aber nicht von den klassischen Verbänden. Auch Heinrich Strößenreuther von der neu gegründeten Klima-Union geht darum auf Distanz zu Merz. „Die führenden Köpfe der Umweltorganisationen stehen zu diesem System“, sagte er der taz.

Merz’Behauptung reiht sich ein in eine Vielzahl von Attacken gegen Umweltverbände, die es in jüngster Zeit aus der Union gab. So forderte der Wirtschaftsrat der CDU, in dem auch Merz Mitglied ist, den Verbänden das Recht zu entziehen, Unternehmen auf Klimaschutz zu verklagen. Und bereits zuvor hatte Merz gefordert, Greenpeace die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Das Gleiche verlangt die CDU bei der Deutschen Umwelthilfe.

Ob Merz der Union mit solchen Äußerungen tatsächlich einen Gefallen tut, ist offen. Von den Parteifreunden auf dem Marktplatz in Bad Saulgau gab es dafür zwar Applaus – doch an anderer Stelle dürfte er für Entfremdung sorgen. Denn in den Umwelt- und Naturschutzverbänden sind auch viele CDU-Mitglieder aktiv – beim saarländischen Ortsverband Köllertal etwa ist die ehemalige Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer Rechnungsprüferin.

Und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Greenpeace noch in der vergangenen Woche in den höchsten Tönen gelobt. „Beharrlich und streitbar, überzeugt und überzeugend“ sei die Organisation, sagte sie bei einer Feier zu deren 50. Geburtstag. Und: „Sie werden weiter gebraucht.“ Doch Merkel und AKK sind bald Vergangenheit. Und im „Zukunftsteam“ der Unionsparteien herrscht offenbar ein gänzlich anderer Blick auf die Zivilgesellschaft. Malte Kreutzfeldt