Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Dramatische Infektionslage in Tokio

Vor den Paralympics droht japanischen Krankenhäusern die Überlastung. Hilfsorganisationen wollen, dass Milliardäre für Impfungen weltweit zahlen.

Eine Spritze wird in einen Arm eingeführt

Endlich mal gute Nachrichten? Die Impfquote könnte deutlich höher sein als angenommen Foto: dpa

Coronavirus in Tokio „außer Kontrolle“

Die Corona-Situation in der Paralympics-Stadt Tokio wird immer ernster. Ein Ex­per­t:in­nen­team der Regierung verglich die Infektionslage in der Hauptstadt am Donnerstag mit der einer Katastrophe, die „außer Kontrolle“ sei, wie japanische Medien berichteten. Die Fachleute warnten davor, dass die medizinische Versorgung einschließlich normaler Pa­ti­en­t:in­nen zu kollabieren drohe. Am Donnerstag registrierte Tokio, das sich vorerst noch bis zum 31. August im Notstand befindet, 4.989 Neuinfektionen. Das ist der bisher zweithöchste Stand an Neuinfektionen. Die Zahl der Pa­ti­en­t:in­nen mit schweren Symptomen stieg dabei auf den Höchstwert von 218 Fällen.

Nach den am Sonntag zu Ende gegangenen Sommerspielen will Tokio am 24. August die Paralympics eröffnen, die bis zum 5. September dauern sollen. Bei den Olympischen Spielen waren Zuschauer wegen der Corona-Lage von nahezu allen Wettkämpfen ausgeschlossen worden. Wie das bei den Paralympics gehandhabt werden soll, ist noch nicht entschieden.

Angesichts des alarmierenden Anstiegs der Infektionen in Tokio forderten die Expert:innen, dass die Menge an Menschen auf den Straßen im Vergleich zu Anfang Juli um die Hälfte reduziert werden müsse. Besonders risikogefährdete Orte wie die in Tiefgeschossen großer Kaufhäuser befindlichen Lebensmittelabteilungen müssten mit strengeren Maßnahmen die Zahl der Kun­d:in­nen begrenzen.

Angesichts der steigenden Zahl von Menschen, die medizinische Betreuung benötigen, riefen die Experten der Regierung zur Unterstützung durch Krankenhäuser auch anderer Präfekturen auf. Das Gesundheitssystem können nicht aufrechterhalten werden, sollte sich die jetzige Infektionslage fortsetzen, hieß es. Es sei für Krankenhäuser nicht nur immer schwieriger, Co­ro­na­pa­ti­en­t:in­nen aufzunehmen, deren Verfassung sich zu Hause verschlechterte, sondern auch Notfall-Patient:innen, die anders erkrankt oder verletzt sind. (dpa)

Hilfsorganisationen fordern Impfabgabe für Reiche

Angesichts der schleppenden Impffortschritte in armen Ländern fordern Oxfam und andere Hilfsorganisationen eine stärkere finanzielle Verpflichtung von Superreichen im Kampf gegen die Pandemie. Konkret schlagen sie eine einmalige Vermögensabgabe von 99 Prozent auf Gewinne vor, die Mil­li­ar­dä­r:in­nen während der Pandemie gemacht haben. Dies würde demnach weltweit rund 5,4 Billionen Dollar (4,6 Billionen Euro) für öffentliche Kassen bringen. Damit „ließen sich Covid-19-Impfungen für alle Menschen finanzieren“.

Selbst nach einer solchen Abgabe wären die rund 2.700 Mil­li­ar­dä­r:in­nen in der Welt noch reicher als vor der Pandemie, erklärte Oxfam am Donnerstag in Berlin. Die Hilfsorganisation stellte die Berechnungen gemeinsam mit dem Bündnis Fight Inequality, dem Institute for Policy Studies und der Initiative Patriotic Millionaires auf. (afp)

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Australien: Lockdown auch in Canberra

Nach Melbourne und Sydney müssen auch die Bewohner der australischen Hauptstadt Canberra mindestens sieben Tage lang in einen Lockdown. Zuvor sei in der Stadt erstmals seit einem Jahr ein Corona-Fall bestätigt worden, teilten die Behörden am Donnerstag mit.

Es ist das erste Mal seit Beginn der Pandemie, dass in Canberra und der Region Australian Capital Territory (ACT) wieder strenge Maßnahmen verhängt werden, wie die Zeitung The Age berichtete. Die Menschen dürfen nur noch in Ausnahmefällen ihre Häuser verlassen. Im Laufe des Donnerstag seien drei weitere Menschen in Canberra positiv auf Corona getestet worden, die mit dem ersten Fall in Zusammenhang stünden, so die Gesundheitsbeauftragte der Region, Kerryn Coleman. „Dies ist bei weitem das schwerwiegendste Risiko für die öffentliche Gesundheit, dem das ACT in den letzten zwölf Monaten ausgesetzt war“, hieß es in einer Mitteilung des örtlichen Gesundheitsministeriums.

Die Regeln sollten um 17 Uhr (Ortszeit) in Kraft treten. Der Ende Juni verhängte Lockdown im Bundesstaat New South Wales mit der Millionenmetropole Sydney war zuletzt bereits bis Ende August verlängert worden. Die Behörden verzeichneten hier am Donnerstag mehr als 340 neue Fälle. In Melbourne waren die Maßnahmen am Mittwoch um eine Woche verlängert worden. (dpa)

In­ten­siv­me­di­zi­ne­r:in­nen fordern Impf-Umfrage

Angesichts der Unsicherheit über die Zahl der verabreichten Corona-Impfungen in Deutschland fordern In­ten­siv­me­di­zi­ne­r:in­nen eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zur bundesweiten Impfquote. „Das Impfen ist der entscheidende Erfolgsfaktor der Pandemie. Wir müssen alles dafür tun, das Vertrauen in die Impfkampagne zu stärken“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben).

Es sei deswegen wichtig, die vom Robert Koch-Institut (RKI) berichtete Differenz zwischen offiziellen Meldezahlen und Umfrageangaben bei der Impfquote der unter 60-Jährigen schnell durch eine unabhängige und repräsentative Umfrage zu prüfen. „Verlässliche Zahlen sind die Basis für die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen“, sagte Marx. Sollte die Impfquote in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen tatsächlich viel höher liegen als gemeldet, „hätten wir gerade mit Blick auf den Herbst eine viel entspanntere Lage“.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält es ebenfalls für möglich, dass die Impfquote in Deutschland unterschätzt wird. Seine Beobachtung sei, dass sich die Impfzentren nicht mehr füllten, sagte Lauterbach den Funke-Zeitungen. „Das kann zwei Gründe haben, eine höhere Impfmüdigkeit oder dass die tatsächliche Impfquote höher ist als allgemein angenommen“, erklärte er. Beides sei möglich.

Eine aktuelle Befragung des Robert Koch-Instituts hatte ergeben, dass womöglich mehr Erwachsene in Deutschland mindestens einmal geimpft sind als bislang offiziell erfasst. Der Unterschied ist demnach in der Altersgruppe der 18-59-Jährigen besonders auffällig. Während bei der Umfrage 79 Prozent der Erwachsenen unter 60 Jahren angaben, mindestens einmal geimpft zu sein, waren es laut dem offiziellen Meldesystem nur 59 Prozent. Nach Einschätzung des RKI liegt die tatsächliche Impfquote vermutlich zwischen den beiden Werten. (afp)

RKI meldet rund 5.600 Neuinfektionen

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 5.638 neue Positiv-Tests. Das sind 2.099 mehr als am Donnerstag vor einer Woche, als 3.539 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 27,6 von 25,1 am Vortag. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben.

17 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle binnen 24 Stunden auf 91.834. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 3,8 Millionen Corona-Tests positiv aus. (rtr)

Deutschland verzichtet auf Moderna-Dosen

Angesichts der sinkenden Impfbereitschaft verzichtet Deutschland auf die Lieferung von rund 2,65 Millionen Impfstoff-Dosen des Herstellers Moderna. Das geht aus einer Auflistung des Bundesgesundheitsministeriums hervor, über die zuerst der Spiegel berichtet hatte. Zwei Chargen mit jeweils gut 1,3 Millionen Dosen, die für die ersten beiden August-Wochen zugesagt waren, werden demnach anderen EU-Staaten überlassen.

In der vergangenen Woche war bereits bekannt geworden, dass die Bundesrepublik im August zugunsten anderer Länder auf Dosen des Corona-Impfstoffs von Johnson & Johnson verzichtet, die Deutschland nach EU-Verträgen eigentlich zustehen würden. Zudem werden derzeit alle Lieferungen des Herstellers AstraZeneca an die internationale Hilfsinitiative Covax gespendet. (dpa)

Bisher kaum Impfstoff vernichtet

Trotz nachlassender Impfbereitschaft in Deutschland musste die Hälfte der Bundesländer bislang keine ungenutzten oder abgelaufenen Impfdosen in nennenswertem Umfang vernichten. Bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur gaben 7 der 16 Landesregierungen an, dass eine Entsorgung von Corona-Impfstoff weitgehend vermieden werden konnte. „Zu keinem Zeitpunkt musste Impfstoff vernichtet werden, weil er wegen ablaufender Haltbarkeit nicht genutzt werden konnte“, versicherte etwa ein Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde. Länder wie Mecklenburg-Vorpommern und Hessen erklärten dies mit speziellen Maßnahmen wie einer „Impfstoffbörse“.

Im Gegensatz dazu haben die Impfzentren in Bayern bereits rund 53.000 ungenutzte Impfdosen entsorgt – deutlich mehr als jedes andere Bundesland. Die Hälfte davon entfällt auf den vergangenen Monat. „Die im Sommer angestiegenen Zahlen sind die unmittelbare Folge einer abnehmenden Impfbereitschaft in der Bevölkerung“, hieß es beim bayerischen Gesundheitsministerium.

Einen Teil seiner ungenutzten Corona-Impfdosen will der Freistaat an den Bund zurückgeben, damit dieser sie ans Ausland spenden kann; dafür müssen die Dosen allerdings noch mindestens zwei Monate nutzbar sein. In einem Schreiben, das der dpa vorliegt, hatte das Bundesgesundheitsministerium den Ländern die Möglichkeit eröffnet, nicht mehr benötigten Impfstoff als Spende für „Drittstaaten“ an das Zentrallager des Bundes zurückzugeben – vorausgesetzt, der Wirkstoff ist noch lange genug haltbar.

Um zu verhindern, dass Impfstoff abläuft, haben sich einige Länder spezielle Vorgehensweisen ausgedacht. So schlossen sich die Impfzentren in Hessen zu einer „Impfstoffbörse“ zusammen, über die kurzfristig nicht benötigter oder überzähliger Impfstoff verteilt werden kann. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es Nachrücklisten, um Dosen, die am Ende des Tages übrig bleiben, per SMS an Impfwillige zu vermitteln. (dpa)

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