Rundfunkbeitrag steigt auf 18,36 Euro

Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die von Sachsen-Anhalt blockierte Erhöhung des Rundfunkbeitrags und ordnet die Anhebung selbst an

Der Beschluss bekräftigt noch einmal die Notwendigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Von Christian Rath

Nun steigt der Rundfunkbeitrag also doch. Das Bundesverfassungsgericht hat die Weigerung des Landes Sachsen-Anhalt, einer Erhöhung des Beitrags von 17,50 Euro auf 18,36 Euro zuzustimmen, für verfassungswidrig erklärt. Als „Zwischenregelung“ hat das Gericht den Beitrag nun selbst auf 18,36 Euro erhöht.

Eigentlich hatten die Bundesländer schon 2020 beschlossen, dass der Rundfunkbeitrag zum Jahreswechsel von 17,50 Euro um 86 Cent auf 18,36 Euro pro Monat steigen soll. Dem entsprechenden Staatsvertrag haben 15 Landtage zugestimmt, zum Schluss fehlte nur noch Sachsen-Anhalt.

Im Magdeburger Landtag gab es jedoch keine Mehrheit für die Beitragserhöhung, weil die Fraktionen von CDU und AfD dagegen waren. Damit die CDU nicht mit der AfD gemeinsam mit Nein stimmen musste, zog Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Anfang Dezember den Gesetzentwurf einfach zurück. So rettete die CDU zwar ihre damalige Koalition mit SPD und Grünen. In der Sache wirkte dies aber wie ein Nein aus Sachsen-Anhalt. Die Beitragserhöhung war damit politisch gescheitert.

Sofort erhoben ARD, ZDF und Deutschlandradio Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das Gericht solle den Landtag verpflichten, der Beitragserhöhung doch noch zuzustimmen. Zwar lehnte das Gericht Ende Dezember eine einstweilige Anordnung ab. Doch haben die Rich­te­r:in­nen nun relativ schnell in der Hauptsache für Klarheit gesorgt.

Wie der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts nun entschied, hat Sachsen-Anhalt den Anspruch der öffentlich-rechtlichen Sender auf „funktionsgerechte Finanzierung“ verletzt. Das Land habe die Beitragserhöhung „ohne tragfähige Begründung“ blockiert.

Die Ver­fas­sungs­rich­te­r:in­nen nutzen den Beschluss zunächst, um noch einmal die Notwendigkeit des öf­fentlich-rechtlichen Rundfunks zu bekräftigen. Dieser sei angesichts der unüberschaubaren Meinungs­vielfalt im Internet nicht überflüssig geworden, sondern im Gegenteil ­wichtiger denn je. Angesichts von ­einseitigen Filterblasen und Fake News im Netz sei qualitativ hoch­wertiger Journalismus als „vielfalt­sicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht“ erforderlich.

Die Rich­te­r:in­nen bestätigten auch das in früheren Urteilen von 1994 und 2007 vorgegebene dreistufige Verfahren für Beitragserhöhungen: Zunächst müssen die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Bedarf anmelden. Dann wird dieser Bedarf durch die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) geprüft. Die KEF-Empfehlung ist dann Grundlage für die eigentliche Entscheidung durch die Länder.

Die Länder dürfen zwar von der KEF-Empfehlung abweichen, so das Gericht. Zulässig sind dabei aber nur sozialpolitische Argumente, etwa eine drohende Überforderung der Beitragszahler:innen. Kritik an der Struktur der Sender oder am Inhalt der Programme darf bei der Beitragsfestsetzung keine Rolle spielen. Die Sender sind so zu finanzieren, wie sie derzeit rechtlich vorgesehen sind.

Das ist ein klarer Hinweis in Richtung Sachsen-Anhalt, wo gerade der Koalitionsvertrag für eine neue CDU-SPD-FDP-Koalition ausgehandelt wird. Bisher soll es dort heißen, dass Sachsen-Anhalt künftigen Beitragserhöhungen nur zustimmen werde, wenn es „strukturelle Reformen“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gebe. Diese Argumentation hat Karlsruhe nun als eindeutig unzulässig eingestuft.

Doch auch wenn Sachsen-Anhalt ein Veto auf die Coronabelastungen der Bür­ge­r:in­nen stützen würde, könnte es weitere Beitragserhöhungen kaum noch verhindern. Die Rich­te­r:in­nen stellten nämlich fest – und das ist die eigentliche Innovation dieser Entscheidung –, dass nur alle Bundesländer gemeinsam von der KEF-Empfehlung abweichen können. Falls nur Sachsen-Anhalt sozialpolitische Einwände hat, muss das Land also dennoch zustimmen. Die Rich­te­r:in­nen begründen diesen Beschluss mit der „föderalen Verantwortungs­gemeinschaft“ für die Finanzierung des Rundfunks.

In einer Vollstreckungsanordnung erhöhten die Rich­te­r:in­nen den Rundfunkbeitrag nun selbst (ab 20. Juli) auf die geplanten 18,36 Euro. Das Datum 20. Juli war der Tag der internen Schlussabstimmung im Gericht. Diese Zwischenregelung wird so lange gelten, bis die Länder per Staatsvertrag einen neuen Beitrag festsetzen. Dies wird vermutlich bald der Fall sein, weil das Gericht den Sendern auch einen Anspruch auf „Kompensation“ für die unterbliebene Beitragserhöhung der letzten Monate gewährte. Die KEF wird im Februar ihren nächsten Bericht veröffentlichen.

Der Karlsruher Beschluss fiel einstimmig. Federführend war Ines ­Härtel, die erste Verfassungsrichterin mit ostdeutscher Biografie, die voriges Jahr von Brandenburgs Minister­präsident Dietmar Woidke (SPD) durchgesetzt worden war.

(Az.: 1 BvR 2756/20)