Migration im Mittelmeer: Zyperns Gastfreundschaft

Zypern will 88 Personen, die nach Zypern geflohen sind, nach Libanon zurückschicken. Die Aufnahmelager auf der Insel sind überfüllt.

Stacheldrahtzaun

Abschreckend in jeder Hinsicht: Stacheldrahtzaun entlang der UN-Pufferzone Foto: Petros Karadjias /picture alliance

BEIRUT taz | 88 Menschen aus Libanon sind am Wochenende in zwei Booten auf Zypern angekommen. Die zypriotischen Sicherheitsbehörden planten, sie nach einer Gesundheitskontrolle zurückzubringen, berichtete der Staatsrundfunk (RIK). Einem Mann sei es gelungen, schwimmend die Küste zu erreichen. Die Polizei fahnde nach ihm.

Zypern hat in den vergangenen Monaten Hunderten Mi­gran­t*in­nen das Anlegen in seinen Häfen verweigert. Zy­priotische Medien berichteten, die meisten stammten aus Syrien. Seit dem Beginn der Wirtschaftskrise im Libanon im Herbst 2019 versuchen Sy­re­r*in­nen sowie Li­ba­ne­s*in­nen Asyl in anderen Ländern zu bekommen. Die lokale Währung hat rund 95 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Lebensmittelpreise stiegen um das Fünffache. Brot, Mehl und Linsen sind nur noch bezahlbar, solange der Staat sie subventioniert.

Doch Libanon ist pleite. Die politische Elite hat sich seit Jahrzehnten bereichert und macht keine Anstalten, das Land mit Reformen aus der Krise zu bringen. Es fehlt an grundlegender Medizin; Mieten schießen in die Höhe; der Staat liefert keinen Strom mehr und Benzin für Generatoren ist so knapp, dass Lebensmittel schlecht werden und Krankenhäuser um ihre Pa­ti­en­t*in­nen bangen.

Die zypriotische Regierung erklärt immer wieder, Libanon sei ein sicheres Drittland. Die Abweisung von Mi­gran­t*in­nen geschieht im Einvernehmen mit der libanesischen Regierung. Zypern war bereits in der Vergangenheit für seinen Umgang mit Mi­gran­t*in­nen aus Libanon kritisiert worden. Im September 2020 soll die zypriotische Küstenwache mehr als 200 Menschen aus Libanon zurückgedrängt, ausgesetzt oder zurückgeführt haben – ohne Möglichkeit auf Asylanträge.

Im März 2021 forderte die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, den zypriotischen Innenminister Nicos Nouris auf, die Vorwürfe der Misshandlung zu untersuchen. Personen, die möglicherweise internationalen Schutz benötigten, seien manchmal gewaltsam zurückgebracht worden. Mijatović ­kritisierte auch mangelnde ­Hygiene in Aufnahmeeinrichtungen und Schwierigkeiten beim Zugang zu Gesundheits- und Asyldiensten.

Zyperns Regierung betont immer wieder, dass Camps für Geflüchtete überfüllt seien, und fordert Hilfe von der EU. Im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße gingen laut EU-Statistik 2020 die meisten Asylanträge in der EU in Zypern ein.

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