Spaniens Umgang mit der Franco-Diktatur: Späte Anerkennung

Spanien will 46 Jahre nach Ende der Franco-Diktatur den Opfern und ihren Nachfahren Anerkennung zukommen lassen. Vielen kommt das zu spät.

Ein Kran hebt eine Statue von ihrem Sockel.

Vom Sockel wurde Franco schon geholt (hier in Santander 2008). Kommt jetzt die große Aufarbeitung? Foto: imago

Endlich. 85 Jahre nach dem faschistischen Putsch gegen die zweite Spanische Republik und 46 Jahre nach Ende der daraus hervorgegangenen Diktatur unter General Francisco Franco soll den Opfern „Anerkennung und Wiedergutmachung“ zuteil werden. Besser spät als nie, sollte man meinen. Doch so einfach ist es nicht.

Die Angehörigen der Opfer von Massenmord, politischer Säuberung und Repression haben zu lange gewartet, zu lange wurden sie immer wieder vertröstet, und zu lange wurden sie mit der Suche nach ihren verschwundenen Angehörigen alleingelassen. Um von Gerechtigkeit, von der gerichtlichen Verfolgung derer, die für die Gräueltaten verantwortlich waren, ganz zu schweigen. Zugegeben: Besser spät als nie, doch für so manches ist es eben einfach doch schon zu spät. Von den Tätern leben nur noch wenige.

Die Hinterbliebenen der Opfer werden kaum mehr die Genugtuung haben, Zeugen einer Gerichtsverhandlung zu werden, zumal sich die spanische Justiz unter Berufung auf ein Amnestiegesetz aus dem Jahre 1978, das gleichermaßen den demokratischen Widerstand wie die faschistischen Schergen betraf, weigerte, Klagen anzunehmen. Und das selbst dann noch, als die Vereinten Nationen Spanien dafür rügten.

Es bleibt zu hoffen, dass der spanische Staat zumindest mit dem Versprechen ernst macht, jetzt die Suche nach den Opfern zu übernehmen. Bisher graben die Angehörigen und ihre Verbände alleine. Finden sie die Überreste der Opfer der Faschisten, weigern sich Polizei und Justiz zumeist, davon Kenntnis zu nehmen. Verjährt, Amnestie.

Jetzt soll endlich wie in Deutschland und Italien die Verherrlichung des Franquismus verfolgt werden. Das wird sicher ein Kräfteringen. Denn in Spanien ist durchaus umstritten, was der Faschismus war. Für die Rechte – und dort nicht nur für die Extremisten – war Franco vielleicht etwas autoritär, aber die Republik war „rot“ und damit viel schlimmer. So fehlt es an einer breit getragenen Erinnerungskultur. Bleibt zu hoffen, dass diese noch entstehen kann und es zumindest dafür nicht auch schon zu spät ist.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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