Debütalbum von Greentea Peng: Harte Schule, weiche Drogen

Die Londoner Künstlerin Greentea Peng veröffentlicht „Man Made“. Ihr gefühlvolles Debütalbum changiert zwischen HipHop, Dancehall und R&B.

Porträt von Greentea Peng

Greentea Pengs Musik fühlt sich wie eine summende Biene in der Brust an Foto: Stefy Pocket

Die Zeichen für Aria Wells stehen auf Erfolg. 2019 ging eine Konzertaufnahme der Britin, die sich als Künstlerin Greentea Peng nennt, bei der Onlineplattform Colors viral. Prompt wurde sie hinterher als energische Erneuerin des R&B-Genres bejubelt. Sie gab ihr Debüt bei der britischen Talkshow „Later … with Jools Holland“ im Programm der BBC, Rapstar Mike Skinner (The Streets) gewann Wells als Gastsängerin für seine Single „I Wish You Loved You as Much as You Loved Him“. Und diverse britische Radiosender feierten Greentea Peng als aufgehenden Stern am Neo-Soul-Himmel.

Einige Jour­na­lis­t*in­nen prophezeien der 26-Jährigen gar eine ähnlich große Karriere wie ihren Vorbildern Lauryn Hill, Erykah Badu und Jill Scott. Doch für Greentea Peng sind solche Zuschreibungen völlig unerheblich. In Interviews antwortet sie auf das Hype-Feuerwerk gerne mit Sätzen wie „Ich will kein Popstar werden.“ Fragen nach ihren (Gesichts-)Tattoos wehrt sie ab und kokettiert damit, am liebsten keine Videos von sich drehen zu lassen: „Meine Musik spricht für sich.“

Tatsächlich klingen ihre Songs auch ohne Konsultation des Promotion-Beipackzettels spannend. Sie fusioniert psychedelischen R&B mit Soul, Jazz und Reggae. Ihre Beats lehnen sich zum Teil an Underground-HipHop an, die Geschichten zu den Texten ihres Debütalbums „Man Made“ sind aus dem Leben gegriffen. Trotz der lässigen Grooves kann man in einigen Stücken eine gute Dosis Sozialkritik entdecken. Austerität, so formuliert es die Sängerin mit der Samtstimme, sei eines ihrer zentralen Themen.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Genau wie soziale Ungleichheit. In der Single „Kali V2“ empört sich die Tochter einer Afrikanerin und eines Arabers: „Yeah, my people stay sufferin’ / And in the streets there is mumblin / I feel your narrative crumblin’“. Da erkennt man sofort, worauf sich die in London geborene Greentea Peng bezieht: Auf die Proteste nach dem gewaltsamen Tod es US-Amerikaners George Floyd 2020. Über einem minimalistischen Drumbeat und sphärischen Gitarren croont sie butterweich: „I’m ready to make a new sound / I can’t contribute to the lies in this fickle paradise“. In solchen Zeilen steckt die Aufforderung nach Wandel, nach besserer Integration, nach größerer Offenheit.

Über den Rausch

Ein Überhandnehmen von politischen Themen vermeidet Greentea Peng allerdings. Wie es scheint, ist ihr Eskapismus nicht fremd, erstaunlich viele Songs spielen auf Drogenerfahrungen an. Mal ermuntert sie die Hö­re­r:in­nen mit einem „Free your mind / Eat some magic shrooms“ zum Rausch, mal heißt es in „Free my People“: „Release all of my brothers on a weed charge please“. Bei dieser Nummer frohlockt eine Flöte, musikalisch strebt Greentea Peng in Richtung Dubstep – dafür hat sie die Produzenten Simmy und Kid Cruise an Bord geholt.

Greentea Peng: „Man Made“ (Universal)

Was ihren Sound so speziell macht: Das gesamte Album wurde in einer Frequenz von 432 Hz aufgenommen, also einen Halbton unter dem Standard in der Musikindustrie. Dieser Tonhöhe sagt man nach, sie habe heilende Wirkung. Greentea Peng formuliert das in einem zum Album erscheinenden Manifest so: Die Musik solle sich wie eine summende Biene in der Brust anfühlen. Schiere Esoterik mag für manchen aus diesen Worten sprechen, aber am Ende ist es ja allen selber überlassen, wie sie die Musik der jungen Frau rezipieren.

Auf jeden Fall gehört Greentea Peng nicht zu denen, die mit dem Strom schwimmen. Als Jugendliche liebte sie Punk, zugleich sang sie in einem Kirchenchor. Mit zwölf komponierte sie ihre ersten Lieder. Ursprünglich wollte sie Reisejournalistin werden, ihre Trips nach Kalifornien und Peru dokumentierte sie mit Fotos bei Tumblr. Eine Reise nach Mexiko zeigte ihr schließlich die wahre Bestimmung: Musik. Sie stieg bei der Band Los Hedonistas ein, zurück in London konzentrierte sie sich vollständig auf ihr Soloprojekt. Nach einige EPs folgt nun ihr Debütalbum „Man Made“. Es enthält einmal mehr Musik, die für Greentea Peng wie Meditation ist. Die 18 Songs sind zwar melodiös, aber sie stechen aus dem Neosoul-Einheitsbrei-Chartsfutter heraus. Gut, dass sich hier eine Künstlerin etwas traut.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.