Nach Massenschlachtung in Dänemark: Tote Nerze verschmutzen Wasser

Im Herbst 2020 wurden in Dänemark aus Angst vor einer Coronamutation eilig Millionen Nerze geschlachtet und vergraben. Das rächt sich nun.

Ein Kipplaster schüttet Nerz-Kadavar in eine Grube

Die geschlachteten Nerze wurden im Herbst 2020 in der Nähe von in Nørre Felding vergraben Foto: Ritzau Scanpix/reuters

STOCKHOLM taz | „Igitt, ist jetzt toter Nerz in unserem Wasser?“ Die Frage, die die zehnjährige Rebekka stellte, als dieser Tage ein Fernsehteam bei ihrer Familie filmte, deren Haus einen Kilometer von einem „Nerz-Friedhof“ entfernt liegt, war alles andere als unberechtigt. Dass es bei Westwind ziemlich krass stinken würde, darauf hatte man sich in Nørre Felding zwar eingestellt. Aber zu allem Überfluss auch noch eine Gefahr für ihr Trinkwasser?

Sie werden derzeit wieder ausgegraben. Die Kadaver von 15 Millionen Nerzen, deren Massenschlachtung die dänische Regierung im vergangenen Herbst aus Furcht vor der Ausbreitung einer Coronamutation angeordnet hatte. Panik herrschte damals. Die Gesundheitsbehörde fürchtete Folgen der „Cluster 5“-Mutation des Virus nicht nur für Dänemark, sondern weltweit. Ein Szenario sei denkbar, „bei dem wir eine Pandemie bekommen, die in Dänemark ihren Ausgang nimmt“, glaubte Kåre Mølbak, Direktor des „Serum-Instituts“.

In Kopenhagen wurde nicht lange überlegt. Nicht nur erkrankte Tiere, sondern der gesamte Nerzbestand im Land wurde getötet. Was ungesetzlich war und aufgrund von Entschädigungen für die Zuchtbetriebe für die Staatskasse richtig teuer wurde. Weil die Kadaver schnell verschwinden sollten, wurden sie in teilweise kilometerlangen Massengräbern auf Militärarealen vergraben. Wogegen es bereits damals Bürgerproteste von AnliegerInnen gab. Auch im Ort Nørre Felding protestierten Hunderte gegen diese Gräber. „Sie verbuddeln die auf einem Hügel, an dessen Fuß ein Badesee liegt“, entrüstete sich seinerzeit ein Demonstrant im Fernsehen: „Das Zeug von den Leichen landet doch dann direkt im See. Denken die gar nicht?“

Es wurde an diesen hektischen Tagen im November 2020 wohl tatsächlich zu wenig nachgedacht. „Nachträglich kann man sich nur wundern, welche Überlegungen die Verantwortlichen eigentlich angestellt haben“, sagt Poul Løgstrup Bjerg, Professor an Dänemarks Technischer Universität und Experte für Wasserverunreinigung. Hätte man ihn gefragt, hätte er erst einmal eine geordnete Zwischenlagerung empfohlen, bis man die Logistik zum Verbrennen der Kadaver gelöst haben würde, sagt Bjerg. „Jetzt wird das jedenfalls eine sehr teure Geschichte.“

Mit geschätzten mindestens 40 Millionen Euro könnte es sogar eine der bislang kostspieligsten Sanierungsaktionen für die Natur Dänemarks werden. Das Ausbuddeln und Verbrennen der Kadaver dürfte nun doppelt so teuer werden wie vor acht Monaten das Vergraben. Zudem müssen nun jahrelang kontaminierte Böden und Gewässer gereinigt werden. Die sozialdemokratische Regierung sei nicht nur für „eine unglaubliche Geldverschwendung“ verantwortlich, wirft ihr die rechtsliberale Oppositionspartei Venstre nun vor, „sondern auch für einen umweltpolitischen Skandal“.

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