Viele Verurteilungen, aber kein Bekenntnis

Nach einem Anschlag auf Polizeiautos sprechen CDU und Gewerkschaft von Terrorismus. Rot-grün-rot verurteilt die Tat scharf. Dass dahinter Linksradikale stecken, ist unbelegt

Gerade noch stolze Streifenwagen, jetzt nur noch Schrott: Der Fuhrpark der Bereitschaftspolizei in Huckelriede Foto: Jörn Hüneke/dpa

VonJan Zier

Nach einem Brandanschlag auf Polizeiautos in Bremen-Huckelriede wird „ergebnisoffen in alle Richtungen“ ermittelt. Das sagte ein Polizeisprecher am Montag ohne weitere Details zu nennen. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen Brandstiftung, der Staatsschutz prüft einen politisch motivierten Hintergrund. Viele Kom­men­ta­to­r*in­nen gehen indes bereits fest davon aus, dass die linksradikale Szene hinter dem Anschlag steckt. Bisher gibt es dafür nach Polizeiangaben aber keine Belege.

In der Nacht auf Sonntag gingen in einer Kaserne der Bereitschaftspolizei vier Busse in Flammen auf, vier Streifenwagen wurden zudem durch die Hitze beschädigt. Die Tä­te­r*in­nen hatten offenbar von der Rückseite der Kaserne aus – sie grenzt an den Werdersee an – mehrere Brandsätze in Richtung der geparkten Busse geworfen. Personen wurden nicht verletzt. Die Schadenshöhe könne noch nicht beziffert werden, sagt die Polizei selbst. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) schätzt sie auf 200.000 Euro.

Es spreche einiges dafür, dass es sich um einen linksradikalen Anschlag handele, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der von einer „hochkriminellen Tat“ sprach. „Das ist ein Anschlag auf unser aller Sicherheit“, so Mäurer. Es mache ihm Sorge, dass der Hass auf die Polizei immer fanatischer werde. Marco Lübke von der CDU-Fraktion sagte, der Anschlag zeige erneut, „wie fanatisch linke Terroristen in Bremen den Rechtsstaat bekämpfen“.

Auch die GdP sprach von einem „terroristischen Anschlag“ – und gab dem rot-grün-roten Senat indirekt die Mitschuld: „Durch politischen Rückhalt bis hinein in Regierungsparteien“ werde für die „gewaltbereite linksextremistische Szene in Bremen ein günstiges Klima geschaffen, in dem sie gedeihen kann.“ Der GdP-Landesvorsitzende Lüder Fasche glaubt, es sei „nur noch eine Frage der Zeit“, bis nicht mehr nur zufällig menschenleere Fahrzeuge und Gebäude angesteckt würden. Deutlich zurückhaltender kommentiert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) die Tat: „Die schweigende Tolerierung offensichtlich ideologiegesteuerter Straftaten kann nicht hingenommen werden“, sagt der Landesvorsitzende Jürn Schulze, der von einem Angriff auf die Werte und Prinzipien unserer Demokratie sprach. „In einem der freiesten Länder der Welt werden Straftaten gegen den Staat und seine Einrichtungen verübt: Was für ein Irrsinn.“ Die Polizei selbst sprach von einer „sinnlosen, feigen Aktion“.

Die Gewerkschaft der Polizei gibt dem rot-grün-roten Senat indirekt eine Mitschuld an der Tat

Zwar behauptet die GdP, sie nehme „selbst von Regierungsparteien nur halbherzige Distanzierungen wahr oder vermisse sie gänzlich“. Doch alle drei Regierungsparteien beeilten sich, den Brandanschlag umgehend zu verurteilen. „Für solche Aktionen gibt es keine politische Rechtfertigung“, sagte die Fraktionschefin der Linkspartei Sofia Leonidakis: „Gewalt ist keine legitime Form der demokratischen Auseinandersetzung.“ Brandstiftung könne Menschenleben gefährden und sei eine schwere Straftat, „die nicht geduldet werden kann“. Der Anschlag sei „durch nichts zu rechtfertigen“, sagte auch der innenpolitische Sprecher der Grünen, Mustafa Öztürk. „Wer mit blinder Zerstörungswut agiert, ist am Diskurs nicht interessiert, sondern will nur seine persönlichen Machtfantasien ausleben.“ Und der SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa Güngör sagte: „Dieser Anschlag ist so dumm und sinnlos wie gefährlich und hochkriminell. Falls er politisch motiviert war, kapieren die Täter einfach nicht, dass sie mit ihrem Feindbild völlig daneben liegen.“ Es sei „richtig und notwendig“, dass das Innenressort seit 2019 eine Sonderkommission zu ähnlichen Vorfällen eingesetzt habe. Die ermittelt nun auch in diesem Fall.

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Brandanschläge auf Autos in Bremen gegeben, hinter denen die Polizei politische Motive vermutet. Im Mai brannte vor der Parteizentrale der CDU in Bremen ein ziviles Fahrzeug der Polizei, im Januar zündeten Unbekannte am Jobcenter Bremen-Mitte einen Brandsatz. Auch Fahrzeuge von Immobilienfirmen wurden mehrfach zum Ziel von Brandanschlägen.

Im Oktober vergangenen Jahres hatten Unbekannte vor dem Polizeirevier Bremen-Mitte einen Streifenwagen in Brand gesetzt. Auf dem Blog endofroad war daraufhin ein Bekennerschreiben veröffentlicht worden. Darin heißt es: Man habe „nicht unkommentiert lassen wollen“, dass „Bremer Bullen“ in Berlin die „gewaltsame Räumung der Liebig 34“ unterstützt hätten, einem linksradikalen Hausprojekt. Die Ver­fas­se­r*in­nen nennen den Anschlag eine „selbstorganisierte Abrüstung der staatlichen Infrastruktur“ und schreiben, dass „die Bullen und der ganze Behördenschmalz der vermeintlichen ‚Sicherheitsbehörden‘ selbst abgeschafft und zerstört“ werden müssten, weil „alles Andere reformistischer Quatsch“ sei, der an den Verhältnissen nichts ändere.