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Uni erforscht Kirchen-Gewalt

Ein Projekt der Uni Osnabrück soll sexualisierte Übergriffe von Kirchenmännern umfassend untersuchen

Sexuelle Übergriffe von Kirchenmännern auf Kinder und andere Schutzbedürftige sollen in einem Projekt der Universität Osnabrück umfassend untersucht werden. Das Bistum Osnabrück stelle für das auf drei Jahre angelegte Forschungsvorhaben 1,3 Millionen Euro zur Verfügung, teilte die Hochschule am Dienstag mit. „Wir garantieren einen uneingeschränkten Zugang zu allen Akten und Dokumenten, die für die Arbeit benötigt werden“, sagte Generalvikar Ulrich Beckwermert. Eine bundesweite Studie ermittelte für den Zeitraum 1946 bis 2014 insgesamt 35 Beschuldigte und 68 Betroffene im Bistum Osnabrück. Laut Beckwermert wurden mittlerweile etwa 50 Fälle bekannt.

Die Studie zur sexualisierten Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im kirchlichen Raum hat sowohl einen historischen als auch einen juristischen Ansatz. Betroffene sollen gehört werden, und ein Teilprojekt untersucht, ob es auf Leitungsebene Pflichtverletzungen gab. Dessen Ergebnisse sollen bereits nach einem Jahr vorgestellt werden – auch mit Namensnennung von Hauptverantwortlichen. Die unabhängige Studie solle zum Aufklärungsprozess im gesamten Norden beitragen, da das Bistum Osnabrück historisch eng mit Hamburg verknüpft sei, hieß es.

Im März hatte die Veröffentlichung eines Gutachtens für das Bistum Köln zum Umgang von Verantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs Aufsehen erregt. Die Gutachter hatten unter anderem dem früheren Kölner Kardinal Joachim Meisner (1933–2017) und dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße Pflichtverletzungen vorgeworfen. Heße bat den Papst daraufhin um seine Entlassung, Papst Franziskus gewährte ihm eine „Auszeit“.

Projektleitende sind die Historikerin Siegrid Westphal und der Rechtswissenschaftler Hans Schulte-Nölke. Es sollen mehr als 2.000 Personalakten sowie Pfarr­archive gesichtet werden. Sie seien in großem Maße angewiesen auf die Hilfe der Betroffenen, sagte Westphal. „Wir hoffen auch, dass weitere Betroffene bereit sind, ihr jahrelanges Schweigen zu brechen“, ergänzte Schulte-Nölke.

Die Bistümer gehen bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche unterschiedliche Wege. In Hildesheim gibt es unter anderem eine Expertengruppe unter der Leitung der früheren niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-­Lennartz, die unabhängig aufklären soll. Das Erzbistum Hamburg kündigte eine Zusammenarbeit der Bistümer Osnabrück, Hildesheim und Hamburg bei der Aufarbeitung an. (dpa)

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