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Kommentar von Christoph Schmidt-LunauZynische Machtpolitik

Es ist ein Trauerspiel. Die Grünen in Hessen geben darin nicht die Oberschurken. Sie taugen aber auch nicht für die Rolle der tragischen Helden. Es ist schlicht peinlich, wie sie aus Rücksicht auf den ehemaligen Landesinnenminister und heutigen Regierungschef Volker Bouffier die Offenlegung der NSU-Akten verweigern. Der Schutz von Informanten, gar der „Sicherheitsarchitektur“, ist vorgeschoben.

Findige JournalistInnen hatten Gelegenheit, das 38-Seiten-Dossier über den Umgang mit der rechtsradikalen Mordserie an MigrantInnen zu lesen. Sie erfuhren darin weder Namen verdeckter Ermittler noch geheimer Informanten oder ihrer Führungspersonen. Und schon gar nichts über kluge Strategien im Kampf gegen rechte Gewalt. Die Berichte sind eine Bilanz des eigenen Versagens – der damalige Innenminister Boris Rhein (CDU) hatte den hessischen Verfassungsschutz nach der Selbstenttarnung des NSU zu dieser Selbstkritik genötigt. Mit ihrer Weigerung, die Berichte offenzulegen, stellen die Grünen den Verfassungsschutz und Bouffier unter ihren Schutz.

Günter Rudolph, der erfahrene innenpolitische Kämpe der SPD, erinnerte seinen Ex-Oppositionspartner und heutigen Minister Tarek Al-Wazir daran, wie der damalige Innenminister die Opposition an der Nase herumgeführt habe: Die Landesregierung wusste früh von der dubiosen Rolle des „Verfassungsschützers“ Andreas Temme, der bei der Ermordung Halit Yozgats am Tatort gewesen war und sich nicht mal als Zeuge gemeldet hatte. Bouffiers Staatssekretärin war für die vertrauliche Runde mit der Opposition auf Nachfragen vorbereitet, sollten Informationen über die ungeheuerlichen Vorgänge durchgesickert sein.

Damals empörte sich der Grüne Al-Wazir zu Recht über Bouffiers Hinhaltetaktik, bis hin zur Rücktrittsforderung. Stumm verfolgte er jetzt die Landtagsdebatte. Aus Rücksicht auf den neuen Partner hatten die Grünen schon 2014 der Einsetzung des ersten NSU-Untersuchungsausschusses in Wiesbaden nicht zugestimmt. Sie ernteten dafür heftige Kritik, auch von der eigenen Basis. Den Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Jürgen Frömmrich, reichten die Delegierten bei der Kandidatenaufstellung zur Landtagswahl 2018 wegen des mangelnden Aufklärungswillens nach hinten durch. Dank des sensationell guten Wahlergebnisses zog er gleichwohl erneut in den Landtag ein, rückte sogar zum Fraktionsgeschäftsführer auf. Die eher laschen Kommentare aus der Bundespartei lassen erahnen, wie der Hase nach der Bundestagswahl laufen dürfte, sollten Grüne und CDU auch dort zusammen regieren. Die zynische Botschaft aus Hessen lautet: Auf die Wahlchancen hat das wohl wenig Einfluss.

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