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Pause von Morddrohungen

Mit dem Refugium-Programm bieten die taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen bedrohten JournalistInnen eine dringend benötigte Auszeit in Berlin

Foto: Anja Weber

Andreas Lorenz war langjähriger Korrespondent des „Spiegels“ und Mitglied im Kuratorium der Panter Stiftung, für die er auch das Refugium Programm betreute.

Von Andreas Lorenz

„Derzeit verstecke ich mich, seit einige Generäle beschlossen haben, mich zu töten“, schreibt eine Journalistin aus dem Bürgerkriegsland Demokratische Republik Kongo. Sie habe dem Präsidenten zu kritische Fragen gestellt, glaubt sie. „Das Leben in einem Versteck strengt an, ein paar Monate Pause würden mir gut tun.“

„Unser Studio wurde mehrfach angegriffen. Einige Journalisten starben, andere wurden verletzt“, berichtet ein Kollege aus Somalia. Unter der „ständigen Bedrohung der Sicherheit“ sei die Arbeit „oft schwierig“. Ein erschöpfter afghanischer Journalist schreibt: „Ich habe über mehr als 80 Angriffe gegen den,Islamischen Staat' und die Taliban berichtet, ich habe Explosionen und Angriffe überlebt.“ Zu überleben sei „ein glücklicher Zufall“ in einem Land, in dem „keine Schule, kein Hospital, keine Moschee“ sicher sei.

Dies sind Alarmrufe aus über 180 Bewerbungen, die jüngst die taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen erreichten. Alle baten um drei Monate Auszeit in Berlin, um Atem zu schöpfen und Abstand zu gewinnen von ständigem Druck, von der Furcht um das eigene Leben und das der Familie. Die Fälle der maltesischen Journalistin Daphne Galizia und ihres slowakischen Kollegen Ján Kuciak, die wegen ihrer Recherchen getötet wurden, sind nur die Spitze des Eisbergs. Angriffe auf Medienleute häufen sich. Immer mehr gehören JournalistInnen zu Personen, die in den Augen ihrer Gegner wegen kritischer Berichte beleidigt, bedroht, angegriffen, entführt und gar getötet werden dürfen.

Täglich geraten Hunderte von Video-, TV-, Radio und ZeitungsjournalistInnen unter Druck: durch Rebellenkommandeure in Afrika, durch Staatssicherheitsleute in Zentralasien, durch Drogenhändler in südamerikanischen Slums. Sie bilden sich ein, JournalistInnen diktieren zu dürfen, was sie unter der Wahrheit verstehen. Dunkelmänner treten nachts Türen der Wohnungen von JournalistInnen ein. „Andere mögen überleben, du wirst es nicht“, bekam eine burundische Journalistin zu hören.

Journalist aus Somalia

Seit 2015 bieten die taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zwei bis drei JournalistInnen pro Jahr eine Auszeit in Berlin. Nur mit Hilfe vieler SpenderInnen ist dies möglich. Die beiden Organisationen versuchen bedrohten KollegInnen den Rücken zu stärken, damit sie später in ihrer Heimat weiterarbeiten können. Die StipendiatInnen kommen in einer Wohnung unter, erhalten Taschengeld und, wenn nötig (und das ist fast immer der Fall) psychologische Betreuung.

Das Programm hat sich herumgesprochen: Aus vielen Ländern bitten ReporterInnen um Hilfe. Viele BewerberInnen sind bereits ins Exil geflohen. Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie waren schon elf KollegInnen nach Berlin gekommen, einige sogar mit ihren Kindern. Die Gäste müssen nach den drei Monaten in ihre Heimat zurück. Zwei von ihnen sind inzwischen wieder in Berlin: Einer floh aus der Türkei, ein anderer verließ Usbekistan. Die Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen kümmern sich um sie. Aus der Pause ist zeitweises Exil geworden.

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