Israel-Palästina-Konflikt: Lage in Nahost spitzt sich zu

In Jerusalem ist es Montag erneut zu heftigen Unruhen gekommen. Am Nachmittag feuerte die Hamas zudem mehrere Raketen nach Israel.

Ein Verletzer wird von zwei Helfern geborgen

Ein verletzter Mann wird auf dem Tempelberg von palästinensischen Helfern weggebracht Foto: Nir Elias/reuters

BERLIN taz | Die Lage in Nahost hat sich am Montag weiter zugespitzt. Nachdem es am Morgen erneut zu heftigen Zusammenstößen auf dem Tempelberg in Jerusalem gekommen war, stellte die Hamas Israel am Nachmittag ein Ultimatum, alle Sicherheitskräfte von dem Hügel abzuziehen. Als dieses um 18 Uhr Ortszeit auslief, feuerte die Islamistenorganisation, die im Gazastreifen herrscht, sieben Raketen über die Grenze.

In Jerusalem waren mehrere Explosion zu hören. Unmittelbar zuvor waren Luftschutzsirenen ertönt. Die Hamas bekannte sich wenig später zu einem Raketenangriff auf Jerusalem. Er sei die Reaktion auf israelische „Verbrechen und Aggression“, hieß es. Israel griff wenig später als Vergeltung Ziele im Gazastreifen an. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza wurden dabei neun Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen getötet worden, darunter drei Kinder.

Seit Tagen kommt Jerusalem nicht zur Ruhe. Bei den jüngsten Zusammenstößen zwischen Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und israelischen Sicherheitskräften am Montagmorgen wurden mehr als 300 Menschen verletzt, sieben davon schwer, wie die Hilfsorganisation Palästinensischer Roter Halbmond berichtete. Mehr als 200 Menschen seien ins Krankenhaus gebracht worden. Der israelischen Polizei zufolge wurden 21 Beamte verletzt.

Die Gewalt hat sich seit Wochen hochgeschaukelt. Bei Anschlägen waren mehrere Menschen getötet worden. Im Fokus des Konflikts aber steht ein Streit um Grundstücke im Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah. Für viele symbolisiert er eine voranschreitende Vertreibung von Ara­be­r*in­nen aus der Stadt.

Die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen beanspruchen den Ostteil Jerusalems als Hauptstadt eines eigenes Staats, Israel die gesamte Stadt. Der Tempelberg, der den Felsendom, die Al-Aksa-Moschee und die Klagemauer beherbergt, ist von zentraler Bedeutung im Islam wie auch im Judentum.

Polizei stürmte den Tempelberg

In den vergangenen Tagen haben sich täglich Zehntausende Mus­li­m*in­nen zum Gebet im Fastenmonat Ramadan auf dem Tempelberg versammelt. Am Montagmorgen warfen einige Aktivisten laut israelischer Polizei Steine vom Tempelberg auf eine Straße; auch sei eine Polizeistellung angegriffen worden. Daraufhin stürmten Po­li­zis­t*in­nen das Areal.

Viele Mus­li­m*in­nen weltweit solidarisieren sich indes mit der palästinensischen Seite. In sozialen Medien werden massenhaft Bilder und Videos verbreitet unter dem Hashtag al-Quds tantafid, sinngemäß „Jerusalem-Intifada“. Mehrere Regierungen heizen den Konflikt zudem aktiv weiter an, allen voran die Türkei: „Israel muss aufhören, Palästinenser in Jerusalem anzugreifen“, erklärte ein Regierungssprecher am Montag.

Aber auch auf israelischer Seite wird provoziert: Montagnachmittag begann ein Flaggenmarsch Tausender rechter Israelis, der dann allerdings in letzter Minute wieder abgesagt wurde. Anlass war der israelische Jerusalem-Tag, an dem die Einnahme Ostjerusalems 1967 gefeiert wird.

Die Unruhen kommen zu einer Zeit, in der die israelische Opposition versucht, eine neue Regierung zu bilden. Sollte dies erfolgreich sein, könnte die Likud-Partei von Premier Benjamin Netanjahu in die Opposition geschickt werden. Gemeinsam mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte Netanjahu seine Machtposition gegenüber den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen jahrelang hemmungslos ausgenutzt, was die Wut auf palästinensischer Seite geschürt hat.

Der neue Präsident Joe Biden steht der israelischen Rechten mit ihren engen Verbindungen zur Siedlerbewegung kritischer gegenüber. Aus Washington hieß es am Sonntag, man habe „ernsthafte Bedenken zu den möglichen Vertreibungen palästinensischer Familien aus ihren Häusern im Ortsteil Sheikh Jarrah“. (mit Agenturen)

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