Studie über Lese- und Schreibkompetenz: Schü­le­r*in­nen nur Mittelmaß

Beim Lesen tun sich deutsche Schü­le­r*in­nen nicht hervor. Mehr als der Hälfte von ihnen fällt es schwer, Fakten von Meinungen zu unterscheiden.

Eine Schülerin lern am Laptop zuhause

Daten der Pisa-Auswertung zur digitalen Lese- und Schreibkompetenz wurden vor Corona erhoben Foto: Action Pictures/imago

BERLIN taz/afp | Weniger als die Hälfte der 15-jährigen Schü­le­r*in­nen in Deutschland können beim Lesen Fakten von Meinungen unterscheiden. Insgesamt liegt die Lesekompetenz der 15-Jährigen in Deutschland leicht über dem OECD-Mittel. Das ergibt eine Pisa-Sonderauswertung zur digitalen Lese- und Schreibkompetenz, deren Daten weit vor Corona erhoben wurden.

In den vergangenen zehn Jahren blieb die Lesekompetenz der deutschen Schü­le­r*in­nen nahezu unverändert. „Nur leben wir inzwischen in einer anderen Welt“, sagt OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher, der die Ergebnisse der Pisa-Auswertung am Dienstag vorstellte. „Lesekompetenz ist nicht mehr die Extraktion von Wissen, sondern die Konstruktion von Wissen.“ Während es im 20. Jahrhundert vor allem darum ging, lineare Printtexte zu verstehen und im Zweifel im Lexikon nachzuschlagen, müssten sich die Schü­le­r*in­nen im 21. Jahrhundert zwischen einer Vielzahl konkurrierender Quellen zurechtfinden.

Bei theoretischen Fragen schnitten deutsche Schü­le­r*in­nen in der Erhebung aus dem Jahr 2018 zwar besonders gut ab. So mussten sie zum Beispiel erklären, wie sie mit einer Phishing-Mail umgehen würden. Doch beim Praxistest sieht das Bild anders aus: Nur knapp die Hälfte der Schü­le­r*in­nen gelang es, bei Passagen in einem Text zwischen Fakten und Meinungen zu unterscheiden.

Dabei geht die Schere zwischen privilegierten und weniger privilegierten Schü­le­r*in­nen besonders weit auseinander: Laut OECD schnitten Jugendliche aus begünstigten Elternhäusern so gut wie in keinem anderen Land ab, während Jugendliche aus benachteiligten Haushalten nur im oberen Mittelfeld lagen. Ein Fünftel der Schü­le­r*in­nen hierzulande verfügte nicht einmal über die Basiskompetenzen des digitalen Lesens. Besonders schlecht waren die Ergebnisse von sozial benachteiligten Jungen.

„Die Kluft zwischen theoretischem Wissen und der Umsetzung in Handlungskompetenz sollte einer der Schwerpunkte unserer weiteren Arbeit sein“, kommentiert Hessens Bildungsminister Alexander Lorz (CDU) die Ergebnisse. Besser würden die Schü­le­r*in­nen aber nur, „wenn man bei den jungen Menschen Begeisterung vermittelt“. Doch in diesem Aspekt sieht es in Deutschland schlecht aus. In keinem Land hat die Freude am Lesen so stark abgenommen wie hierzulande. Nur die Niederlande, Norwegen, Belgien und Dänemark liegen in puncto Lesefreude auf noch niedrigerem Niveau.

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) plädiert dafür, Kinder individuell zu fördern. Es müsse noch stärker zweistufig vorgegangen werden, forderte sie. Sowohl die „Grundfähigkeit des Lesens“ als auch die „Fähigkeit zum digitalen Lesen“ müssten verbessert werden.

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