: BND jetzt stärker im Visier
Ein Unabhängiger Kontrollrat wird in Zukunft die Auslandsüberwachung des Nachrichtendienstes prüfen. Das hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert
Von Christian Rath
Die anlasslose Massenüberwachung von AusländerInnen im Ausland wird künftig besser kontrolliert. Auf Verlangen des Bundesverfassungsgerichts beschloss der Bundestag am Donnerstagabend die Einrichtung eines Unabhängigen Kontrollrats für den Bundesnachrichtendienst (BND).
Seit Jahrzehnten wertet der BND anlasslos Telefonate, Faxe und E-Mails von AusländerInnen im Ausland aus. Er greift dabei auf Satellitenverkehr und Internetkabel zu. Mithilfe von Selektoren – Suchbegriffen, Telefonnummern oder E-Mail-Adressen – werden einzelne Nachrichten aus dem Datenstrom herausgefiltert und ausgewertet. Nach dem NSA-Skandal wurde diese Auslands-Auslands-Überwachung 2016 erstmals im BND-Gesetz geregelt.
Im Mai 2020 stellte das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil fest, dass die deutschen Grundrechte auch im Ausland gelten. Wenn der BND die Telekommunikation von Ausländern im Ausland überwacht, greift er damit in deren Grundrecht auf Fernmeldefreiheit ein. Karlsruhe forderte Nachbesserungen am BND-Gesetz, damit dieses dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt.
Künftig wird diese Abteilung Technische Aufklärung des BND von einem Unabhängigen Kontrollrat (UKR) geprüft. Er muss alle Anordnungen der strategischen und gezielten BND-Überwachung im Ausland vorab genehmigen, ebenso die Übermittlung von Daten an andere Geheimdienste.
In diesem mächtigen Gremium sollen sechs RichterInnen des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) sitzen. Die UKR-Mitglieder haben eine Amtszeit von 12 Jahren und müssen für diese Zeit ihr Richteramt aufgeben. Dem UKR wird ein Apparat von 62 MitarbeiterInnen und ein Etat von 11,7 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen.
Damit wird sich der Schwerpunkt der BND-Kontrolle wohl vom Bundestag zum richterlichen UKR verschieben. Die Kontrolle wird dann wirksamer, aber weniger transparent sein. Das Bundesverfassungsgericht wollte damit offensichtlich die Abgeordneten etwas an den Rand schieben, weil deren Informationen zu oft in der Presse landeten.
Die Überwachung von JournalistInnen, AnwältInnen und Geistlichen durch den BND soll künftig nur möglich sein, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass diese an schweren Straftaten beteiligt sind. Die Schwelle war auf Druck der SPD kurz vor der Abstimmung noch einmal erhöht worden.
Die Reform wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen. AfD, FDP, Linke und Grüne stimmten dagegen. Konstantin von Notz (Grüne) bezeichnete die Reform als lückenhaft, weil die Grundrechtseingriffe durch BND-AgentInnen im Ausland nicht geregelt wurden. André Hahn (Linke) prophezeite neue Verfassungsklagen. Die FDP beantragte die Einführung eines parlamentarischen Geheimdienstbeauftragten, der Zugang zu allen Dienststellen und Datenbanken aller Nachrichtendienste haben sollte. Hierfür stimmten aber nur die Liberalen.
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