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Wohnmobile in der PandemieMy Caravan is my Corona-Castle

Bereits vor der Pandemie boomte der Urlaub mit Wohnmobilen. Doch sicher und nachhaltig sind die fahrenden Häuschen nicht unbedingt.

Kein Beherbergungsverbot? Ein Campingbus an einem See in Italien Foto: Bruno Kickner/imago

taz | Die Osterglocken wachsen und mit ihnen die Lust zu reisen. Ein Häuschen auf vier Rädern – das liegt nicht erst seit Corona im Trend. Urlaube mit Reisemobilen und Wohnwagen werden immer beliebter: #vanlife. 2020 boomte die Branche besonders: Erstmalig wurden über 100.000 Freizeitfahrzeuge neu zugelassen. Reisemobile legten mit einer Steigerung von rund 45 Prozent besonders stark zu. Auch für 2021 erwartet der Caravaning Industrie Verband (CIVD) Rekorde.

„Die Pandemie hat den schon länger bestehenden Trend zum individuellen Reisen – statt Pauschal- oder Massentourismus – noch einmal verstärkt“, sagt Daniel Rätz vom CIVD. „Beim Caravaning verreist man selbstbestimmt und nur mit Personen des eigenen Hausstands.“ Zudem sei man durch eigene Koch-, Schlaf- und Sanitärmöglichkeiten weitestgehend autark – eine auch in Pandemiezeiten sichere und praktikable Urlaubsform, erklärt Rätz.

Doch während gerade die Coronavorzüge bestechend sind, hat diese Art zu reisen ihre Tücken für die eigene Sicherheit und die Sicherheit anderer sowie für Innenstädte und die Umwelt.

Bastian Kettner vom Verkehrsclub Deutschland sieht den Boom und den Trend zum Wohnmobil kritisch: „Wohnwagen müssen alle zwei Wochen umgestellt werden. Wohnmobile dagegen zählen als normales Fahrzeug und können überall geparkt werden, nehmen aber so viel Platz weg wie zwei bis drei Autos.“ Die Parkplatzproblematik werde somit verschärft: „Wohngebiete und Altstädte werden überfüllt.“ Es hake an der Regulierungsmöglichkeit der Kommunen: „Die Gesetzgebung ist veraltet. Sie ist für Wohnwagen, nicht -mobile ausgerichtet“ Es brauche neue Gesetze, fordert Kettner.

Die steigende Zahl sei auch ein Risiko für spielende Kinder: „Wohnmobile behindern die Sicht, das kann sehr gefährlich werden.“ Außerdem könnten parkende Fahrzeuge Erdgeschosswohnungen verschatten, was „nicht zu einem nachbarschaftlichen Miteinander“ führe. „Wohnmobile schränken Menschen ein, denen sie gar nicht gehören“, findet Kettner. Für ihn wirft das auch die Frage der „Flächengerechtigkeit“ auf: „Wenn der öffentliche Raum weiter zugeparkt wird, führt das zu einer Umverteilung zuungunsten von Fuß­gän­ge­r*in­nen und Fahrrädern.“

Das Fahren der Reisemobile selbst birgt ebenso Risiken. „Viele Modelle sind schon leer zu schwer“, schreibt der ADAC auf seiner Homepage: Mit einer realistischen Zuladung für eine „typische ADAC-Familie“ überschreiten sie die 3,5-Tonnen-Grenze, errechnete der Club. „Gerade für Inhaber der Führerscheinklasse B ist bei 3,5 Tonnen Schluss“, erklärt Martin Zöllner vom ADAC. Innerhalb dieser Grenze werde jedoch das Grundgewicht der Fahrzeuge durch Komfort- und Sicherheitsausstattung sowie Abgasregulierung immer höher, so dass weniger Zuladung zur Verfügung stehe.

Von diesem Problem seien mehr als 80 Prozent aller zugelassenen Wohnmobile betroffen, so Zöllner. Ist das Wohnmobil überladen, drohen Bußgelder; außerdem sind Fahrstabilität und Bremsweg negativ beeinflusst. Beim Kauf sollte deshalb auf eine aktuelle Wiegekarte und die Ladungsreserven geachtet werden, empfiehlt Zöllner. Vor Abfahrt lohne sich auch immer die Überprüfung auf einer Waage.

Fabian Bergk vom Institut für Energie- und Umweltforschung findet den Boom des Caravanings „zweischneidig“. Insgesamt seien durch Corona zwar Kreuzfahrten und Fernflüge weggefallen. Jedoch käme es so zu einem Rebound-Effekt. Er führte eine Studie zu „Klimabilanz von Reisen mit Reisemobilen und Caravans“ durch und verglich verschiedene Reisetypen. Wohnmobile schnitten im Vergleich zu Kreuzfahrten, Hotel- und Flugreisen gut bei der Klimabilanz ab. Caravaning sei zwar „nicht der Umweltbringer“, aber verglichen mit emissionsreichen Reisen besser, so Bergk. Die hohen Emissionen bei der Produktion und beim Fahren könnten durch geringe beim Übernachten und Wohnen in einigen Fällen kompensiert werden.

Camper Vans verbrauchen viel Sprit

Die Verlagerung sei aber nur kurzfristig positiv, kritisiert Bergk. Caravaning werde in Zukunft zunehmend schlechter abschneiden bei der Umweltbilanz: „Während Hotelübernachtungen immer grüner werden und auch die Pkws, mit denen man an- und abreist, werden die jetzt gekauften Wohnmobile ihre Bilanz nicht mehr verbessern, sondern mindestens die nächsten 15 Jahre rumfahren.“

Laut dem CIVD machen Kastenwagen inzwischen knapp die Hälfte aller neu zugelassenen Reisemobile aus. Sie werden doppelt genutzt: als Urlaubs- und Alltagswagen. Auch das sieht Bergk kritisch: Unter den Reisemobilen seien Kastenwägen zwar die effizienteste Form, „aber unsere Studie zeigt, dass sich ihre Emissionen nicht so sehr unterscheiden zu großen Modellen.“ Camper Vans hätten in der Stadt nichts zu suchen, findet Bergk: „Die verbrauchen viel Sprit und nehmen Platz weg.“

Das Caravaning umweltfreundlicher zu machen, sei schwierig. Bei der E-Mobilität sehe es „mau“ aus. Wohnmobile bräuchten große, schwere Batterien, für die kein Platz sei. Vielversprechender findet Bergk Konzepte, bei denen der Wohnwagen mit zusätzlicher Batterie und E-Motor ausgestattet ist und von einem E-Auto gezogen wird. Durch E-Mobilität könnte ähnlich wie bei Pkws ein CO2-Vorteil von 30 Prozent erreicht werden.

Möglichst umweltfreundlich gestalte sich das Reisen auf vier Rädern, wenn man in der Nähe Urlaub mache, rät Bergk. „Zentral für die Bilanz ist, wie weit, schnell und oft ich fahre, da sehr viel Sprit verbraucht wird.“ Außerdem, „wenn man das Fahrzeug nutzt, aber nicht besitzt“. So ist es stärker ausgelastet und die Emissionen der Herstellung verteilen sich. „Bei einem Urlaub in Südfrankreich ist es am besten, mit dem Zug nach Marseille zu fahren und sich dann ein Fahrzeug zu mieten und nicht die Strecke dorthin zu gurken“, erklärt er. Am umweltfreundlichsten seien jedoch Reisen mit der Bahn oder dem Fahrrad und einem Zelt.

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15 Kommentare

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  • Schade, dass das Reisen mit dem Womo so negativ dargestellt wird. Das campen entschleunigt. Es geht ja gerade nicht darum möglichst schnell am Urlaubsziel anzukommen, sondern der Weg ist das Ziel. Ich verzichte auf Flugreisen und mein 20 Jahre alter T4 ist aufgrund der langen Nutzungszeit besonders nachhaltig. Kein noch so grünes Hotel ist nachhaltiger als der eigene Camper. Und entgegen einiger Kommentare hier ist das campen sicherer als jede Staedtereise mit dem Billigflieger.

  • Also nur zu Info: Für 1 Nacht kann man sich quasi überall hinstellen mit dem Auto, Wohnmobil, Bulli usw. Man kann sich immer mit der "Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit" 'rausreden = "Tut mir leid, aber ich war auf einmal so müde, das ging nicht anders". Das wird meistens akzeptiert, solange man draussen kein Vorzelt, Grillplatz, 6 Personensitzgruppe installiert hat und früh auch wieder abhaut. Inwieweit das jetzt besonders hübsch oder gar ruhig ist, sei mal dahingestellt + von Fall zu Fall verschieden....meistens eher nicht.

  • "Am umweltfreundlichsten seien jedoch Reisen mit der Bahn oder dem Fahrrad und einem Zelt."



    Dito. Wobei mensch hier im Indikativ formulieren könnte. Es sei denn, mensch will es ganz genau nehmen und von-Beginn-an-zu-Fuß-Reisen als das ökologischste hervorheben. ;-)

    • @Uranus:

      Aufgrund der sehr hohen Energieeffizienz des Radfahrens bin ich mir nicht mal sicher, ob Radfahren nicht sogar umweltfreundlicher ist als Wandern, wenn man die Strecke zum Maßstab nimmt. Stahlrahmen vorausgesetzt, nicht Alu oder Carbon!

  • Der Platz beim Parken ist aber auch Gross gerechnet.



    Unser Womo ist knappe 7m lang.



    Ein BMW X5 ist fast genau 5 Meter lang.



    In welcher Mathematik sind das 2-3 Autos?



    Wir haben übrigens nur das Womo, alle Nachbarn haben mind. 2 Autos.



    Welche Familie benötigt jetzt mehr Parkraum?

    Und die Kosten ins Verhältnis zu Ferienwohnungen, Hotels etc zu setzen ist ja wohl total sinnlos. Wer campen will, der will in keine Wohnung oder Hotel.

    Zur Umwelt: 3mal im Jahr Malle/Ibiza und co gegen ein Wohnmobil kann ja gerne mal einer ausrechnen. Ich denke nicht, dass ein Wohnmobil sich da in Sachen Umwelt verstecken muss.

  • Ich finde es echt schade, dass angeblich negatives in den Vordergrund gestellt wird. Ich fahre seit 18 Jahren einen T3 (Baujahr 89) mit einem Verbrauch von ca. 6.5-8 l Diesel auf 100 km, je nach Fahrweise. Er hat "nur" die Euro-2-Norm aber im Vergleich mit neuen Diesel-Fahrzeugen erzeugt er weit weniger Feinstaub und Stickoxid-Emissionen.

    Wenn ich dann von Dreckschleudern lese (@FRANZ FREUNDLICH & FVADERNO), muss ich sagen, nur weil mehr Rauch zu sehen ist, muss noch lange nicht mehr "Dreck" enthalten sein. Mal von der Umweltplakette abgesehen, welche mMn eh lächerlich ist und ich daher nicht in viele Städte fahren darf, sind Aussagen wie "Camper Vans hätten in der Stadt nichts zu suchen, findet Bergk: „Die verbrauchen viel Sprit und nehmen Platz weg.“ für mich sehr unglücklich. Wenn ich mit meinem kleinen Camper in die Stadt fahre um diese zu besichtigen, auf einem öffentlichen Parkplatz stehe und am Abend wieder wegfahre, nehme ich niemandem Platz weg und lasse auch noch Geld da.

    Wild campen ist durchaus noch möglich, nicht nur in Skandinavien, auch beispielsweise in Frankreich. Ausserdem gibt es mittlerweile fast überall Stellplätze für Camper. Dort kann man für wenig Geld (meist so um die 8 €) inklusive Zugang zu Strom, Wasser und sanitären Anlagen, oft sehr schön stehen.

    Ein Camper lohnt sich definitiv nicht erst ab 3 Personen. Und bei der Aussage „Bei einem Urlaub in Südfrankreich ist es am besten, mit dem Zug nach Marseille zu fahren und sich dann ein Fahrzeug zu mieten und nicht die Strecke dorthin zu gurken“ bleibt mir nur der facepalm! Wenn ich bis Südfrankreich fahre, dann ist es eben keine Gurkerei, sondern eine gemütliche Tour, bei der ich Land und Leute kennen lerne und stehen bleibe wo es mir gefällt - für mich Freiheit pur und die beste Art des Reisens. Ich glaube wer so etwas sagt, war noch nie mit dem Camper unterwegs!

    Mein Fazit: Anstatt emissionsreichen Flugreisen lieber campen gehen! ;)

    • @SkankinGeri:

      Mein Fazit: Einfach mit dem Zug fahren und sich vor Ort ein Fahrrad leihen!

      (Ich selbst habe ein Klapprad, was ich in jeden Zug mitnehmen kann. Damit war ich u.a. auch schon in Marseille.)

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Eigentlich bin ich auch Fan von Campern. Da aber das "wilde Campen" in ganz Europa - außer Skandinavien - verboten ist, bin ich davon abgekommen, mir einen Bus zuzulegen. Es drohen kräftige Strafen - bei sowas ist der Staat sofort dabei und unbarmherzig.



    Außérdem sind die gebrauchten Camper deutlich überteuert. Völlig absurd.



    Ein Camper lohnt vielleicht ab 3 Personen - sonst lieber Hotel.



    In Neuseeland gibt`s noch günstige Camper zu mieten.

  • Wer sich von den Argumenten im Artikel nicht überzeugen lässt, der soll mal eine Kosten-Nutzen-Rechnung machen. Eine billige solche Dreckschleuder kostet schon mal mindestens 60.000 Teuros. Dazu kommen Campingplatzgebühren, die in beliebten Urlaubszielen im Süden besonders teuer sind. Ich empfehle jedem, heutzutage nicht mehr wild am Waldrand oder einem anderen versteckten idyllischen Ort zu campen. Das gilt auch dann, wenn dies legal ist. Denn die Gefahr eines Überfalls oder eines Einbruchs ist enorm gestiegen.

    Dazu kommen teure Betriebskosten - Ersatzteile, Reifen usw. sind nochmals erheblich teurer. Wer den Camper im Alltag nutzen will, wird teuer bezahlen.

    Jetzt kommt die Alternative: Wieviele Jahre kann man für die gesamten Kosten eines 'Busses' in Hotels, Pensionen oder privaten Ferienquartieren Urlaub machen? Und bei Tagesausflügen bleibt das Gepäck in der Unterkunft.

    Die glücklichen Zeiten von Urlaub an beliebigen Plätzen sind leider vorbei. Ich selbst bedaure dies, aber die Argumente sprechen nun einmal dagegen.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @fvaderno:

      Alles richtig was Sie schreiben!

      "Denn die Gefahr eines Überfalls oder eines Einbruchs ist enorm gestiegen."

      Diese Erfahrung habe ich bereits in den 80er Jahren in Skandinavien gemacht. Die randallierenden Jugendlichen waren aber zu besoffen, um handgreiflich zu werden.

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Insbeosnere die in der alternativen Szene beliebten VW T3,4 und 5 sind wahre Dreckschleudern!

    • @02854 (Profil gelöscht):

      mein T4 verbraucht 5,5l auf 100km und ist nun 19 Jahre alt mit 265.000km. Das nenne ich eher nachhaltig. So lange wird ein neues Auto mit all dem elekt. Schnickschnack nie fahren. Allein die Spezialbauteile und die geringen Stückzahlen werden es in sicher 10Jahren schon schwer machen E-Teile zu bekommen.

      • @Narrenfell:

        5,5l? Bergab erzeugt das Teil wohl auch noch Diesel? Solche Werte sind mit dieser Schrankwand im Verkehr nicht zu erreichen. Vielleicht im Windschatten bei 80km/h hinter einem LKW, aber das hat dann mit fahren/reisen nichts mehr zu tun.

        Aber was will der Artikel? Ob der Urlaub nun nachhaltig ist oder nicht, who cares? Wenn das meine Art des Urlaubs ist, mache ich das einfach. Ganz ohne schlechtes Gewissen

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Bis die den Dreck und die Energie verschleudern den ein neues Wohnmobil bei der Herstellung erzeugt bleibt die Bilanz trotzdem besser als bei einem Neufahrzeug.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Im Vergleich mit genau welcher Boeing und welchem Airbus?



      Viele relevante Fakten in einem dennoch unnötig simplifizierenden Artikel.