Trauerkundgebung am Sonntag in Berlin: Offene Fragen nach Femizid
Ein Jahr nach einem Doppelmord an einer Mutter und ihrer Tochter in Marzahn gibt es Zweifel an der Schuld des Tatverdächtigen.
Die Staatsanwaltschaft stützt sich vor allem auf Indizien. Die Verteidigung weist die Anklage zurück – vor allem die Brutalität der Tat verweise auf eine Strafaktion. Eine Initiative feministischer Frauen, zu denen das Opfer in Kontakt stand, hat ebenfalls Zweifel an der Anklage der Staatsanwaltschaft. Sie hat sich nach den zwei Ermordeten benannt: „Homa und Tajala Aufklärungsinitiative“, ist Teil des Netzwerks gegen Femizide und beobachtet den Prozess.
Ein Mitglied der Initiative sagte der taz: „Habgier als Motiv ist zweifelhaft, weil bisher nicht belegt werden konnte, dass der Angeklagte tatsächlich Geldsorgen hatte. Sein Konto war gedeckt.“
Die Initiative fragt, ob nicht auch ein frauenfeindliches oder gar rassistisches Motiv hinter der Tat stecken könnte. „Homa Z. hat nach rassistischen Anfeindungen in der Nachbarschaft Angst gehabt. Seit einem Jahr fragen wir, warum die Motive Rassismus und Frauenfeindlichkeit nicht geprüft worden sind“, so das Mitglied der Initiative. Die Ermittlungsbehörden seien dem Verdacht nicht ausreichend nachgegangen. „Dass die beiden Opfer Frauen und Migrant:innen waren, darf nicht zu einer Behandlung zweiter Klasse führen, die im Zweifel den Täter deckt.“
Rassismus ist hier Alltag, sagt eine Aktivistin
Eine Antifa-Aktivistin aus Marzahn-Hellersdorf bestätigt der taz, dass extrem rechte Sticker und Rassismus in der Gegend Alltag seien. „Insbesondere für migrantische Frauen ist die Lage in Marzahn-Hellersdorf schwierig“, sagt sie.
Frauen aus der Initiative haben zusammen mit afghanischen Frauen vor Ort direkt nach dem Mord eine Trauerdemo mitorganisiert und stehen auch im Kontakt mit der Anwältin des hinterbliebenen Ehemannes von Homa Z., der im Prozess als Nebenkläger auftritt.
Trauerkundgebung am Bürgerpark
Am Sonntag ist der Mord ein Jahr her. Anlässlich des Jahrestages veranstaltet die Aufklärungsinitiative eine Trauerkundgebung am Bürgerpark Marzahn um 14 Uhr. Auch der hinterbliebene Ehemann Ahmad Z. wird vor Ort sein. Der Fall habe tiefe Wunden und Verunsicherung bei Angehörigen, Freund:innen, Bekannten und Nachbar:innen hinterlassen, heißt es in einem Aufruf. Und weiter: „Seit diesem Femizid ist ein Jahr vergangen, ein Jahr voller Trauer und Wut. Wir vermissen die beiden und wollen deutlich machen, dass ihr Tod weder vergessen noch vergeben ist.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen