vier fragen: „Ich glaube schon, dass wir etwas bewirken können“
Thomas Müller, 64, war Integrationsbeauftragter der Polizei Bremen. Er arbeitet als interkultureller Trainer.
1 taz: Herr Müller, wenn man ans Racial Profiling denkt oder an den G20-Gipfel, haben Sie da als Grünen-nahe Polizisten überhaupt eine Chance durchzudringen?
Thomas Müller: Wenn Sie diesen riesigen monolithischen Block haben, der auf der anderen Seite der Polizei steht, also die Gewerkschaften und viele Polizeiorganisationen, ist es nötig darzustellen, dass es Polizisten und Polizistinnen gibt, die eine andere Denkweise haben – die wissen, dass es in der Polizei Racial Profiling gibt, die in der Lage sind, auf den G20-Gipfel zu schauen und zu sagen, ja, da sind durchaus Fehler geschehen. Das macht den Beruf glaubwürdiger, wenn man kritisch in seinen eigenen Bereich schauen kann.
2 Und, wie schätzen Sie die Lage ein: Bewegt sich etwas bei der Polizei?
Wir haben letztens in einer großen Runde zusammengesessen, auch mit Polizeitrainern und Hochschulprofessoren, und wir glauben, dass es in der Polizei durchaus eine Mehrheit gibt, die ihrem eigenen Berufsstand auch kritisch gegenübersteht, aber die noch sehr still ist. Die sich also noch konform und leise verhält, und wir hoffen, dass wir die mit unserer Arbeit wecken können. Und wenn wir auf unsere Mitgliederzahlen blicken, die sehr gestiegen sind, glaube ich schon, dass sich was bewegt.
3 Zuletzt ist die Polizei vor allem durch rechte Netzwerke aufgefallen. Haben Sie das Gefühl, dass die Polizei reformierbar ist?
Ich glaube, eine Organisation muss sich immer bewegen, und bei einer Organisation, die sowieso schon etwas konservativer ausgerichtet ist, ruckelt es manchmal einfach mehr, und dann braucht es einen Anschub von außen. Ich glaube, was wir jetzt sehen an Dingen, die in der Polizei offengelegt werden, ist auch dem geschuldet, dass Kollegen und Kolleginnen den Mut haben, zu sagen, das mache ich nicht mehr mit, und diese Kollegen zeige ich einfach an.
4 Sie sehen es als positives Anzeichen, dass so viele Netzwerke aufgedeckt werden?
Ja, es ist zwar für die Polizei schmerzhaft, aber wenn das aus den eigenen Reihen aufgeklärt wird, halte ich das schon für sehr positiv.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen