Milizenproteste in den USA: Erleichterung und Unsicherheit

In den USA tauchen kaum Demonstrierende zum „Million Militia March“ auf. Die Stimmung in Washington vor der Amtseinführung bleibt aber angespannt.

Ein Soldat steht vor dem Kapitol in Washington

Das Kapitol ist weiträumig abgesperrt – die Stimmung in Washington bliebt dennoch angespannt Foto: Erin Scott/reuters

BERLIN taz | Die Sorge war groß unter den Sicherheitsbehörden in den USA: Schon für den vergangenen Sonntag hatten rechtsextreme Milizen zu Pro-Trump-Demonstrationen aufgerufen. Nicht nur in Washington DC, sondern vor den Parlamentsgebäuden in allen 50 Bundesstaaten wollten sie zu einem „Million Militia March“ zusammenkommen. In der US-Hauptstadt und 17 Hauptstädten der Bundesstaaten war die Nationalgarde angerückt, um alles zu verhindern, was auch nur ein bisschen wie der Sturm aufs Kapitol vom 6. Januar hätte aussehen können.

Am Ende des Sonntags gab es jedoch nicht erneut schlimme Fernsehbilder – sondern verwundertes Aufatmen. Lediglich in fünf Bundesstaaten waren überhaupt Demonstrierende vor den Parlamentsgebäuden aufgetaucht, manche davon bewaffnet. Aber es waren nur sehr wenige. Fünf maskierte Bewaffnete wollten in Concord im Bundesstaat New Hampshire ihre Besorgnis über „Übergriffigkeit der Regierung“ zum Ausdruck bringen. Zwölf Mitglieder der rechtsextremen Boogaloo Boys zeigten sich in Lansing, Michigan. Viel mehr waren es nirgends. In Washington DC tauchte überhaupt niemand auf.

Die Stimmung in der Hauptstadt blieb dennoch angespannt. Dort, wo am 6. Januar ein aggressiver Mob im Anschluss an eine Trump-Demo gegen den „Wahlbetrug“ das Parlamentsgebäude gestürmt hatte, sind in den Tagen vor der öffentlichen Vereidigung Joe Bidens zum neuen Präsidenten am Mittwoch bis zu 20.000 Nationalgardisten stationiert. Das Kapitol, auf dessen Treppen schon seit vielen Tagen die Tribüne aufgebaut ist, auf der Biden den Amtseid sprechen wird, ist weiträumig abgesperrt.

FBI überprüft Nationalgardisten vor Amtseinführung

In lokalen Medien sagten befragte Spaziergänger, die sich am Sonntag durch Spaliere von Polizei, Militär und Betonbarrieren ihren Weg bahnen mussten, sie fühlten sich an die Wochen nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 erinnert. Die Polizei- und Armeepräsenz gebe durchaus ein Gefühl der Sicherheit. Obwohl das, sagte eine Frau der Washington Post, auch wieder absurd sei: „Das sind die gleichen Beamten, gegen die wir vor wenigen Monaten bei Black Lives Matter demonstriert haben. Wir sind noch letzten Monat vor ihnen weggerannt – und jetzt gehen wir zu ihnen hin und sagen Danke.“

Auch das Vertrauen der Behörden selbst in die bewaffneten Einsatzkräfte ist durch die Ereignisse des 6. Januar offenbar erschüttert. Nachdem sich herausstellte, dass am Sturm aufs Kapitol auch Angehörige von Militär und Polizei beteiligt waren, überprüft die Bundespolizei FBI derzeit alle circa 25.000 Nationalgardisten, die zur Amtseinführung am Mittwoch in Washington in Stellung gebracht werden sollen. Zusammen mit dem Pentagon schauen sie sich insbesondere jene Einsatzkräfte genauer an, die in unmittelbarer Nähe der Einführungszeremonie eingesetzt werden sollen.

Eine große Party wie sonst wird diese Amtseinführung ohnehin nicht. Wegen der Coronapandemie wird es weder ein Millionenpublikum geben noch die traditionelle Parade auf der Pennsylvania Avenue.

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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