Dokumentation „Real Life Guy“: Jung, stark und krank

Seine Videos erreichen Millionen, er ist 23 und er hat Krebs. Der NDR zeigt das Leben des Online-Stars Philipp Mickenberger in einer gelungenen Doku.

Ein junger Mann wird von einem Arzt untersucht

„Macht mir keine Angst“: Gerade hat Philipp Mickenberger erfahren, dass er jeden Tag sterben kann Foto: NDR

In seinen Videos feiert er das Leben. Mit ihrem Youtube-Kanal „The Real Life Guys“ erreichen Philipp und Johannes Mickenberger bis zu 1,3 Millionen Menschen. Weltweit begeistert sich das Publikum für die Stunts der hessischen Zwillingsbrüder: Die fliegen etwa in umgebastelten Badewannen oder errichten eine riesige Wasserrutsche auf ihrem Hausdach. Ein tieferer Grund für ihren Erfolg dürfte im positiven Lebensgefühl liegen, das die beiden vermitteln. Der Spaß, mit dem sie ihre verrückten Aktionen ausführen, wirkt ansteckend und inspirierend. Sie leben so intensiv wie möglich.

Dabei weiß Philipp Mickenberger, 23, seit seinem 16. Lebensjahr, dass er an Lymphdrüsenkrebs leidet. Er wird also früh sterben und weiß auch das. Aber auch sonst ist der Tod in seiner Familie ständig präsent: Philipps und Johannes’ Schwester starb mit 18 Jahren beim Absturz eines Sportflugzeugs.

Zweimal schienen Philipp und seine Ärzt*innen den Krebs besiegt zu haben, aber im Sommer 2020 haben sich doch wieder Tumore gebildet. Inzwischen ist die Krankheit so weit fortgeschritten, dass keine Therapie mehr Hoffnung verspricht. Auf Youtube hat er das alles selbst thematisiert, etwa ein Video veröffentlicht über eine letzte gemeinsame Reise mit Freunden nach Island. Mickenberger hat auch ein Buch geschrieben: über sich und seinen starken christlichen Glauben. Und viele Zeitungsberichte und Fernsehbeiträge widmen sich seinem Schicksal.

Dies ist also auch eine Geschichte darüber, wie ein junger Mann seine Krankheit öffentlich macht – und sein Sterben. Für ihre NDR-Dokumentation „Real Life Guy“, die in der kommenden Woche ausgestrahlt wird, haben Domenica Berger und Stefanie Gromes aber einen anderen Zugang gefunden. Im Lauf der 45 Minuten stellen sie all die spektakulären Aktionen der Mickenbergers nur in kurzen Ausschnitten vor. Stattdessen setzen sie auf Interviewpassagen: Darin schildern ­Philipp und Johannes Mickenberger sowie ihre besten Freund*innen, wie die ganze Situation sie verändert hat.

„Real Life Guy – Der Youtuber, der Tod und die Hoffnung“: Mi, 13. 1., 00.05 Uhr, NDR-Fernsehen. Die Dokumentation ist vorab schon online in der ARD-Mediathek verfügbar

„Real Life Guy“ ist dabei weder voyeuristisch noch sentimental geraten. Berger und Gromes zeichnen das Porträt einer Gruppe noch recht junger Menschen, die mit einer beeindruckenden Stärke und Reife gelernt haben, mit der Sterblichkeit umzugehen.

Gedreht wurde im Sommer und Herbst vergangenen Jahres, doch die ansonsten allgegenwärtige Pandemie ist nicht Thema. Einzig in einer Einstellung, bei der ein Arzt Philipp Mickenberger und seiner Freundin erklärt, dass weitere Therapien für ihn aussichtslos sind, tragen alle drei Mund-Nasen-Masken: Dort ist Corona mal nur eine Nebensache.

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