Dokudrama „Die Liebe des Hans Albers“: Die Geschichte von Hansi und Hans

1946 trafen sie sich wieder: der eben noch größte NS-Filmstar und seine jüdische Geliebte. Davon handelt „Die Liebe des Hans Albers“.

Hansi Burg.(Picco von Groote) hindert Hans Albers (Ken Duken) an einer Schlägeei mit braun uniformierten Nazis

Geschichte aushaltbar: Als SA-Schergen hetzen, hindert Hansi ihren Hans daran, sich zu prügeln Foto: NDR/Zeitsprung Pictures/Michael Ihle

HAMBURG taz | Seemann Hannes Kröger singt: „Auf, Matrosen, ohé, einmal muß es vorbei sein, einmal holt uns die See und das Meer gibt keinen von uns zurück“, und das mit dieser brüchigen, kippenden Stimme, dieser Art von Wehmut, die sich selbst der deutsche Mann im frühen 20. Jahrhundert erlauben kann.

Ein Schnipsel „Große Freiheit Nr. 7“ also, zur Eröffnung: Der da singt, der da den Hannes Kröger gibt, der vielleicht größte Filmstar der NS-Zeit, er liebte – neben vielen anderen, das war Teil seines Markenkerns, könnte man sagen – ausgerechnet eine Jüdin. Was tun? Wem den Vorrang geben – dem Herzen oder der Karriere?

Das ist so die Art von Gewissensentscheidung, wie sie das deutsche Publikum liebt – im Fernsehen, wohlgemerkt, zur Unterhaltung. Umso mehr, als es nicht bloß um zu viele Stunden im Büro geht, denen einer seine Ehe opfert: Nein, die entscheidende Zutat ist hier das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte.

„Die Liebe des Hans Albers“ Regie: Carsten Gutschmidt. Mit Picco von Groote, Ken Duken u. a., 89 Min., Ausstrahlung: Mi, 6. 1., 21.45 Uhr, Das Erste (Online ab 8 Uhr)

Der Star, das war Hans Albers (1891–1960), jener „Sohn eines Schlachtermeisters aus Hamburg-St. Georg“, wie so was in öffentlich-rechtlicher Pressestellenprosa heißt. Das Objekt seiner, nun ja, Begierde, das war Hansi Burg (1898– 1975), Tochter des bedeutenden Intendanten – und nebenbei Albers-Mentors – Eugen Burg. Sie war auch selbst Schauspielerin, aber nach eigenen Angaben längst nicht so talentiert wie Albers; dafür manches, das er nicht war: diszipliniert, zum Beispiel.

Wichtig für seine Karriere

So zumindest stellt es, ziemlich zu Beginn, „Die Liebe des Hans Albers“ dar, die nun erstmals ausgestrahlte Adaption dieser Geschichte: Dass Burg enorm wichtig war für Albers’ Karriere, seine Star-Werdung. Die lässt sich ablesen am Quasi-Staatsakt, der sich Ende Juli 1960 auf dem Hamburg-Ohlsdorfer Friedhof zutrug: „Hans geht auf seine letzte Reise“, kommentiert nun in der NDR/RBB-Koproduktion eine erkennbar heutige, erkennbar schauspielgeschulte Frauenstimme die damaligen Nachrichtenbilder in Schwarz-Weiß.

Und weiter: „Ein Andrang, als wäre ein König gestorben. Aber das war er ja auch. Er war ihr Star, vielleicht der größte von allen.“ Sie, das sind auf der Bildebene Tausende ganz normaler Hamburgerinnen und Hamburger, aber da­rüber hinaus wohl auch die Deutschen insgesamt – die, die 1960 noch dabei sein konnten.

Es ist die Stimme Picco von Grootes, die in dem „Dokudrama“ Hansi Burg spielt und zu Beginn mäßig filmisch die wesentlichen Zutaten der Geschichte referiert: „Er war ein Süchtiger – und seine eigene Droge“, sagt sie über Albers (Ken Duken). Und weiter: „Auch ich bin eine Süchtige – süchtig nach ihm. Auch wenn ich dafür einen hohen Preis zahlte.“ Diese letzten Worte sind dann schon unterlegt von deutschen Armen, zum Hitlergruß gestreckt, und Hakenkreuzfahnen.

Entstanden ist „Die Liebe des Hans Albers“ an Originalschauplätzen wie der ehemaligen Albers-Villa am Starnberger See, im Landkreis Hildesheim, in Bückeburg sowie in Bremen und Bremerhaven, die Nordmedia förderte das Projekt auch.

Munter Filme gedreht

Wie Albers den zentralen Konflikt für sich auflöste, ist dokumentiert: Zwar soll er nie bekennender Nazi gewesen sein, die Begeisterung so manches Regime-Granden, gelinde gesagt, nicht erwidert haben. Aber Filme drehte er eben munter auch den Krieg hindurch, machte sich zum Werkzeug ihrer Durchhaltepropagandamaschinerie.

Schon 1935 trennte er sich von der jüdischen Geliebten, offiziell wenigstens, was in einem Schreiben an NS-Reichs­propagandaminister Joseph Goebbels dokumentiert sein soll. Tatsächlich lebten Hans und Hansi noch bis 1938 zusammen, und dann, nach dem Krieg, wieder: in seinem Haus am Starnberger See.

Dort beginnt mit Burgs Rückkehr im Jahr 1946 die Spielhandlung. Ihr Schlüssel passt noch, aber ob sie hier richtig ist, da­rüber ist sie sich erkennbar unsicher. Hans lebt längst mit einer anderen Frau zusammen, behauptet aber unbekümmert, Hansi schrecklich vermisst zu haben. Dass das so eine Art natürliche Eigenschaft nicht nur seiner Bühnen- und Leinwandfiguren sei, sondern eben auch ihn selbst charakterisiere: Das führt „Die Liebe des Hans Albers“ bemerkenswert nebenbei ein – und eher schulterzuckend gehen sämtliche Frauen damit um: Offenbar wusste jede, worauf sie sich da einließ.

Feiger Haudrauf

Nachdem die andere weggeschickt ist – sogar das muss Burg erledigen, man möchte sagen: Der große blonde Haudrauf ist zu feige –, kommt es zu einer Art therapeutischem Gespräch am Seeufer; es bildet den Rahmen für Rückblenden und authentische Bilder. Und Burg stellt durchaus die zu erwartenden Fragen, die, für die sich spätestens ein heutiges Publikum interessiert: Warum er nicht mehr geholfen habe, warum nicht jüdische Freunde gerettet – „warum nicht meine Eltern?“

Anfänglicher Arbeitstitel des Films war „Der blonde Hans“, was den Verantwortlichen erschienen sein mag als schrecklich nichtssagend, als allzu sehr auf den etablierten Albers-Mythen herumreitend. „Die Liebe des Hans Albers“ ist insofern ein besser gewählter Titel, als er ja auch schon andeutet, welcher Konflikt im Mittelpunkt steht: Ein „Film über Haltung in schwierigen Zeiten“ sei „das aufwendige Dokudrama“, so verbreiten es die Beteiligten.

Der viel interessantere Konflikt wäre aber doch jener der Hansi Burg gewesen: Wie dem Herzen folgen, wenn es schlägt für einen wie diesen Hans?

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