Berlin-Mitte kuscht vor Japans Regierung

Das Berliner Bezirksamt Mitte fordert nach Druck der japanischen Regierung die Entfernung einer „Trostfrauen“-Statue. Dabei hatte es die Skulptur zunächst genehmigt

Noch steht sie: Die „Friedensstatue“ in Berlin-Moabit Foto: Stefan Schaaf

Aus Berlin Sven Hansen

Eine kleine Bronzestatue in Berlin führt zu einem diplomatischen Streit. Die sogenannte Friedensstatue symbolisiert eine koreanische Zwangsprostituierte des japanischen Militärs im Zweiten Weltkrieg und wurde am 28. September von der Berliner Nichtregierungsorganisation Korea Verband e.V. an einer Straßenecke im Stadtteil Moabit aufgestellt. Nun wurde die Entfernung der Skulptur wegen „erheblicher Belastungen des deutsch-japanischen Verhältnisses“ durch den Fachbereich Straßen- und Grünflächenverwaltung im Berliner Bezirksamt Mitte bis zum 14. Oktober verlangt.

Das für Moabit zuständige Bezirksamt hatte dies nach Empfehlung seiner „Kommission Kunst im Stadtraum/Kunst am Bau“ im Juli bewilligt. Doch Bauarbeiten an einer Gasleitung verhinderten zunächst die geplante Aufstellung am 14. August – dem 29. Jahrestag, an dem erstmals eine frühere Zwangsprostituierte ihr Schicksal öffentlich gemacht hatte. Die Vertuschung, Verdrängung und Bagatellisierung sexualisierter Kriegsgewalt wurde daraufhin auch international zum Thema.

Die konservative japanische Regierung reagierte prompt. Seit dem 29. September drängte sie bundesdeutsche und Berliner Stellen bis hin zum Auswärtigen Amt dazu, die Statue zu entfernen. Das Auswärtige Amt hatte dazu eine Stellungnahme gegenüber der taz ebenso abgelehnt wie Japans Botschaft in Berlin. Ein japanischer Medienbericht wie auch die Sprecherin der Berliner Senatskanzlei bestätigten aber entsprechende Gespräche.

Am späten Mittwochnachmittag überbrachten jetzt zwei MitarbeiterInnen des zuständigen Bezirksamts dem deutsch-koreanischen Verein „gegen Em­pfangs­bekenntnis“ den Widerruf der Genehmigung. Darin wird die Beseitigung der von Tokio kritisierten Statue bis zum 14. Oktober verlangt und darauf verwiesen, dass ein etwaiger Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe.

Das der taz vorliegende vierseitige Schreiben versucht den Eindruck zu erwecken, als hätten die AntragstellerInnen das Bezirksamt getäuscht. So sei dem Amt der Text auf den Begleittafeln der Statue nicht bekannt gewesen. Fehler werden dem Text jedoch nicht attestiert, vielmehr sei er „auf und gegen Japan fixiert“ und eine „gezielte Kommentierung japanischer Politik von koreanischer Seite“. Dies entspreche „nicht dem gewünschten humanistischen Statement unabhängig von Zeit, Ort und Anlass der gewalttätigen Konflikte“. Laut dem Schreiben hätte das Amt sogar gewünscht, dass „die sexuellen Gewaltverbrechen auch der deutschen Soldaten ebenfalls kontextualisiert“ worden wären.

Nur eine Entfernung der Statue aus dem öffentlichen Raum könne „die diplomatischen Probleme“ ausräumen, so das Bezirksamt. Diese werden nicht näher benannt, außer dass „eine konkrete Störung der guten außenpolitischen Beziehungen Deutschlands zu Japan eingetreten sei“. Etwaige Städtepartnerschaften seien gefährdet, auch Berlin-Mitte hat Partnerschaften in Japan.

Ein Verweis auf die „wichtigen Belange des Bundes“ lässt vermuten, dass das Auswärtige Amt beim Bezirksamt interveniert hat. Dieses räumt denn auch ein, dass keine Erlaubnis erteilt worden wäre, hätte es „die harschen Reaktionen der japanischen Regierung“ absehen können.

Das Bezirksamt will „die diplomatischen Probleme“ durch Entfernung der Statue lösen

Beim Korea Verband schüttelt man hierüber nur den Kopf. Denn der 13-seitige Antrag zur Genehmigung der Statue, der der taz vorliegt, enthält explizit den Hinweis, dass japanische Reaktionen zu erwarten seien. Auch sei darauf verwiesen worden, dass die Initiative zur Statue von einem Verein mehrheitlich deutscher StaatsbürgerInnen ausgehe, die nicht die Interessen des südkoreanischen Staates vertreten, sondern sich für Frauen einsetzten.

„Wir haben das Amt nicht in die Irre geführt“, sagt die Geschäftsführerin des Korea Verbandes, Nataly Jung-Hwa Han. Wenn dem Bezirksamt die Begleittafel so wichtig sei, warum habe es den Text nicht vorher sehen wollen? Von den zwei Tafeln erläutert eine die Bedeutung der Statue im Kampf der sogenannten Trostfrauen für ihre Rechte. Die andere erwähnt äußerst knapp deren Verschleppung im Zweiten Weltkrieg durch das japanische Militär.

Das leugnen Japans Rechte bis heute – und das dürfte der Hauptgrund für Tokios Widerstand sein. „Auf der Tafel zur Statue steht: ‚Sie würdigt den Mut der Überlebenden, die am 14. August 1991 ihr Schweigen brachen und sich gegen eine Wiederholung solcher Verbrechen weltweit einsetzen.‘ Das sagt doch alles und genau das ist unser Ziel“, betont Geschäftsführerin Nataly Jung-Hwa Han. Ihr Verein wolle sich jetzt beraten und dann über weitere Schritte entscheiden.