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Rechtswidrig abgefilmt

In Hannover muss die Polizei Überwachungskameras stilllegen, weil die überwachten Orte nicht gefährlich sind

Die fünf strittigen Kameras sind fast alle in der Nähe des Stadions von Hannover 96 angebracht

In Hannover sind fünf von 31 Überwachungskameras der Polizei rechtswidrig angebracht und müssen stillgelegt werden. Das hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg am Dienstag entschieden. Die 26 restlichen Kameras dürfen weiterbetrieben werden, sie waren nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens. Die fünf strittigen Kameras sind fast alle in der Nähe des Stadions von Hannover 96 angebracht – sie laufen nicht rund um die Uhr, sondern nur bei Großveranstaltungen. Außerdem entschied das Gericht, dass der Betrieb zweier weiterer Kameras ebenfalls rechtswidrig war, die bereits seit März abgebaut sind.

Der Kläger ist ein Hannoveraner Bürger, der sich seit Jahren gegen die Kameraüberwachung wehrt. Nach seiner Einschätzung verstößt deren Einsatz gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Nach Auffassung des Senats kann der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch das seit Mai 2019 gültige niedersächsische Polizeigesetz zwar gerechtfertigt werden. Die Polizeidirektion habe jedoch nicht nachweisen können, dass es an den überwachten Orten Anhaltspunkte für eine vermehrte Anzahl von Straftaten gebe. Zudem waren die Kameras nicht ausreichend gekennzeichnet.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen. Die Entscheidung könne aber mit einer Beschwerde angefochten werden und sei bis zum Ablauf der dafür geltenden Fristen noch nicht rechtskräftig, hieß es.

Nach Angaben des Innenministeriums ist bei 22 Kameras in Hannover die Aufzeichnung dauerhaft aktiviert, fünf seien nur zeitweise bei Großveranstaltungen in Sport und Kultur im Einsatz. An weiteren vier Standorten laufe die Überwachung rund um die Uhr, es werde aber nicht aufgezeichnet. Videoüberwachung sei „aus kriminalpräventiven Gründen“ im Einsatz, heißt es dazu auf der Homepage der Polizei. Nach fünf Tagen, fünf Stunden und 32 Minuten werden die Aufnahmen automatisch überschrieben.

Dem Ministerium zufolge setzen die sechs Polizeidirektionen Braunschweig, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg und Osnabrück Kameras zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum ein. Ziel sei die Gefahrenabwehr, die gesetzliche Grundlage das niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz. Kamerastandorte gibt es neben Hannover zum Beispiel auch in Oldenburg, Delmenhorst, Wilhelmshaven, Winsen/Luhe, Hildesheim, Sarstedt, Braunschweig, Wolfsburg, Peine, Emden, Osnabrück sowie an mehreren Autobahnkreuzen. (dpa)

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